Adelshofen:Senioren zwischen Beeten und Bäumen

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Die Arbeit im Adelshofener Kreislehrgarten ist von den zumeist betagten Vereinsmitgliedern kaum noch zu stemmen. Weil sich zu wenig junge Menschen begeistern lassen, steht das 7300 Quadratmeter große Areal auf der Kippe

Von Ariane Lindenbach, Fürstenfeldbruck/Adelshofen

Frische Semmeln aus dem Brotbackofen schmecken viel besser als die aus dem Supermarkt. Über diese Erfahrung habe ein Grundschüler berichtet, der an einem Projekt im Kreislehrgarten Adelshofen teilgenommen hatte. Das erzählt der Vorsitzende des Kreisverbands der Gartenbauvereine auf der Mitgliederversammlung. Solche Erlebnisse, betont Andreas Knoll, dürften dem Bub noch lange in Erinnerung bleiben. Vielleicht bewirken sie ja, so die Hoffnung, dass er irgendwann selbst Lust bekommt, Brot zu backen. Oder frische Kräuter zu verarbeiten, wie es in einem anderen Projekt des Agenda 21-Büros in Kooperation mit dem Kreisverband geschieht. Durch solche Projekte, da ist sich Knoll sicher, könnten die Gartenbauvereine Kinder und Jugendliche für ihre Sache begeistern. Und so der fortgeschrittenen Überalterung entgegenwirken. Es gibt nur ein Problem: Der Kreislehrgarten ist gefährdet.

Denn die Mehrheit der Gartenbauvereine ist nicht bereit, einen finanziellen Beitrag zu leisten, damit das Gemeinschaftsidyll in Adelshofen mit Mosterei und Brotbackofen adäquat gepflegt wird. Der Kreisverband für Gartenbau- und Landespflege ist die Dachorganisation der 29 Gartenbauvereine im Landkreis. Knoll ist seit Jahrzehnten der Vorsitzende. Horst Stegmann, der auch als Kreisfachberater beim Landratsamt arbeitet, ist Geschäftsführer. Der etwa 7300 Quadratmeter große Kreislehrgarten in Adelshofen ist die gemeinschaftliche Einrichtung der Gartler. Auf dem Areal mit mehr als hundert Sorten von Obstbäumen sowie Teich, Imkerei, Schulungsgebäude, einer Mosterei mit Pasteurisier- und Abfüllanlage und eben jenem Brotbackofen organisieren die Vereine seit 1995 Fortbildungen, etwa zum Obstbaumschnitt oder Gemüsebau, über Gehölze, Stauden oder Fassadenbegrünung sowie Workshops zur Bodenpflege und zum biologischem Pflanzenschutz. Gepflegt wird das Gelände in Gemeinschaftsarbeit von den fast 7100 Mitgliedern. Es gibt Versuche, jüngere Menschen für den Kreislehrgarten und die Gartenbauvereine zu interessieren. Der Kreislehrgarten an der Drosselstraße ist nie geschlossen, kann von jedem besucht werden und ist ein beliebtes Ausflugsziel.

"Die Arbeiten im Kreislehrgarten werden immer intensiver und die Leute in den Vereinen immer älter", so Knoll. Da der Nachwuchs fehlt und die Mitglieder aus Altersgründen nicht mehr so viele Arbeiten leisten können, sind die Pflegearbeiten in den vergangenen Jahren schon aufs Minimum zurückgefahren worden. Das Ergebnis bleibt aufmerksamen Besucher nicht verborgen: Der Teich am Eingang droht zu verlanden, Stauden wuchern unförmig, viele Bäume bräuchten einen fachmännischen Rückschnitt.

Deshalb haben Knoll und Stegmann bereits Anfang 2017 bei den Vorsitzenden der 29 Gartenbauvereine im Landkreis nachgefragt, ob sie 50 Cent pro Mitglied an den Kreisverband abführen, um die dringendsten Pflegearbeiten im Kreislehrgarten von externen Kräften erledigen zu lassen. Nur vier Vereine haben ihre Unterstützung zugesagt, ein oder zwei signalisierten Knoll zufolge ihre Bereitschaft nur unter der Bedingung, dass alle zahlen - und die anderen 23 antworteten überhaupt nicht. "Das ist für mich ein Zeichen, dass der Verein schläft", sagt Knoll.

Horst Stegmann demonstriert Kursteilnehmern, wie Obstbäume fachgerecht zugeschnitten werden. (Foto: Günther Reger)

Bei der Versammlung unlängst in Landsberied brachte der Kreisverbandsvorsitzende das frustrierende Ergebnis zur Sprache und löste damit eine kontroverse Diskussion aus. Am Ende schien sich eine Mehrheit zu finden für den Beitrag. Doch ein Beschluss wurde an dem Abend nicht mehr gefasst. Den will Knoll nun beim Treffen der Vereinsvorsitzenden Anfang nächsten Jahres fassen. Oder alternative Vorschläge, wie der Überalterung beizukommen wäre. Wie akut einige Vereine bereits betroffen sind, zeigt ein Blick auf die Blumen- und Gartenfreunde Germering. Die hatten im Vorjahr wegen Überalterung bereits ihre Auflösung beschlossen - mit 142 Mitgliedern, die meisten weit jenseits der 70 Jahre. Der Kreisverbandsvorsitzende hatte damals mit viel Engagement doch noch einen Ersatz gefunden.

Laut Knoll und Stegmann liegt der Schlüssel in einer lebendigen und erfolgreichen Kinder- und Jugendarbeit. Die funktioniert in manchen Vereinen, wie zum Beispiel Knolls Obst- und Gartenbauverein Landsberied, jenem in Emmering oder auch dem in Mammendorf, durchaus. In Landsberied etwa gibt es eine Kooperation mit dem Kindergarten. Und auf Kreisebene arbeitet der Verband mit dem Agenda 21-Büro zusammen: Schüler sollen im Kreislehrgarten ein Gefühl für gesunde Ernährung bekommen, etwa indem sie selbst Brot oder Semmeln backen oder frisch gepressten Apfelsaft mit einem aus Konzentrat hergestellten Saft aus dem Supermarkt vergleichen können. Oder auch, indem sie bei verschiedenen Gelegenheiten wie dem Apfelfamilientag, Pflanzaktionen auf dem Hochbeet oder dem Bestimmen und Verarbeiten heimischer Kräuter selbst Lust bekommen, im Gras knieend mit Harke und Schaufel zu arbeiten.

© SZ vom 29.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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