Adelshofen:Aushub und Rückschnitt

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Schlamm und Sand schaufeln die Landwirtschaftsschüler aus der Maisach bei Nassenhausen. (Foto: Carmen Voxbrunner)

Landwirtschaftsschüler pflegen ein Biotop an der Maisach

Von Ingrid Hügenell, Adelshofen

Nur eine kleine Schleife macht die Maisach bei Nassenhausen, doch das 2004 künstlich angelegte Gewässer bietet vielen Tier- und Pflanzenarten einen Lebensraum. Ein offizielles Biotop ist es nicht und deshalb weiß niemand so genau, was dort alles lebt. Aber Prachtlibellen kann man dort ebenso sehen wie Eidechsen und Salamander, Vögel wie Zilpzalp und Buchfink zwitschern in den Bäumen, in einem Brennnesselgebüsch brütet der Schilfrohrsänger, und auch eine Biberfamilie hat sich eingefunden. Für Fische, vor allem junge, ist der kurze Flussabschnitt ein wichtiges Refugium, sie können sich dort von Fischräubern wie dem Kormoran verstecken. Das inoffizielle Biotop ist etwa drei Hektar groß und bildet einen wichtigen Trittstein zwischen anderen Lebensräumen.

Kürzlich war eine Klasse der Landwirtschaftsschule mit dem Lehrer Sebastian Gresset im Rahmen des Biodiversitätstags an dem Gewässer tätig. Den ganzen Tag arbeiten die 14 jungen Männer dort, sie sind 20 bis 24 Jahre alt. Unter Anleitung von Landespfleger Joachim Schmidt vom Amt für Ländliche Entwicklung schaufeln sie Schlamm und Sand aus der Schleife, damit das Wasser besser fließen kann. Andere bauen aus langen Weidenästen Faschinen, die die Ufer vor Erosion schützen, und schneiden die üppig wuchernden Weiden am Ufer zurück. Das Brennnesselgebüsch lassen sie stehen, wegen des brütenden Vogels. Schmidt achtet darauf, dass die Arbeiten der Natur nicht schaden.

Wie Beate Eder vom Amt für ländliche Entwicklung sagt, können die angehenden Landwirte dabei erfahren, dass sie andere Möglichkeiten haben Einkommen zu generieren als die Nahrungsmittelerzeugung, nämlich zum Beispiel in der Landschaftspflege. "Da könnte die Landwirtschaft einen großen Teil übernehmen."

Alexander Schellmann aus Puch, einer der Schüler, steht bis zu den Knien im Wasser. "Uns liegt die Natur am Herzen", sagt er und schaufelt. "Es ist gut, dass wir uns dafür Zeit nehmen." Die Arbeit selbst zu erledigen sei etwas anderes, als Umwelt- und Artenschutz nur theoretisch im Unterricht durchzusprechen, stimmen seine Mitschüler Philipp Schwarz aus Egg und Florian Winkler aus Jesenwang zu. Landwirtschaft und Naturschutz liegen für die Hoferben ganz nah beieinander.

Im Rahmen der Dorferneuerung ist der Maisach vor 15 Jahren ein kleines Stück ihres ursprünglichen Laufs zurückgegeben worden. Bis zur Begradigung 1910 mäanderte der Fluss durch das ganze Tal, berichtet Johannes Mühlbauer, damals Projektleiter des Amts für ländliche Entwicklung. Der Grund, auf dem jetzt die Schleife liegt, war landwirtschaftlich genutzt, es gab Ängste und Widerstände, wie Bürgermeister Michael Raith berichtet. Die Idee sei im Gemeinderat stark und auch kontrovers diskutiert worden, doch schließlich habe es einen einstimmigen Beschluss dafür gegeben, erinnert sich Raith. Dann wurde die Schleife gegraben, aus dem Aushub wurde ein Schlittenberg für die Nassenhausener Kinder.

"Hier sind viele Lebensräume geschaffen worden, die in unserer ausgeräumten Landschaft nicht mehr vorhanden waren", sagt Eder, die selbst Agraringenieurin ist. "Wir müssen wieder mehr Flächen der Natur überlassen." Weil das Wasser länger in der Schleife bleibt als in einem geraden Flusslauf schütze sie die Maisachanlieger unterhalb vor Hochwasser, wenigstens ein bisschen, sagt Landespfleger Schmidt. Und die Angler freuten sich über den Lebensraum für Fische.

Bürgermeister Raith schlägt mit dem Biodiversitätstag für die jungen Landwirte so etwas wie zwei Fliegen mit einer Klappe: Sein Biotop wird gepflegt und die jungen Landwirte bekommen einen Einblick in den Naturschutz. Die jungen Männer und ihr Lehrer Gresset sind von dem Tag so angetan, dass Gresset mit Schmidt gleich übereinkommt, dass ein weiterer Pflegetag im Herbst sinnvoll sei. Dann will der Lehrer mit seinen Schülern wiederkommen und das Gebiet teilweise entbuschen. Das geht während der Brutzeit nicht, ist aber sinnvoll, um offene besonnte Bereiche zu schaffen, wie viele Pflanzen, Libellen und Schmetterlinge sie brauchen.

© SZ vom 27.07.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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