Abschussquoten:Jäger wollen nicht noch mehr Rehe schießen müssen

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Die Brucker Vereinigung widerspricht den Behörden. Ursache der Probleme des Waldes sei der Klimawandel, nicht das Wild

Die Brucker Jägerschaft übt Kritik an der Forstbehörde. Die Jäger wollen nicht noch mehr Rehe schießen, wie es die Behörde fordert. Grund für die Schäden an Waldbäumen seien nicht die Tiere, sagen die Jäger, sondern der Klimawandel. "Richtig ist, dass mit den zunehmenden Problemen des Waldes vor allem bei der Fichte seit über 20 Jahren eine ständige Erhöhung der Abschusszahlen für Rehwild einhergeht", sagt Michael Pöllmann, Sprecher der Kreisgruppe. "Ob man damit von den eigentlichen Problemen des Klimawandels ablenken will, um das Rehwild zum Sündenbock zu stempeln, weiß ich nicht."

Im Jahr 2002 seien im Landkreis Fürstenfeldbruck 959 Rehe erlegt und der Abschussplan erfüllt worden. Im vergangenen Jagdjahr war der Abschuss von 2245 Rehen nötig, um den Plan zu erfüllen. Das entspricht 245 Prozent des Jahres 2002. In einem 500 Hektar großen Revier mit etwa 100 Hektar Waldanteil liegt der Abschussplan nach Aussage der Jäger bereits jetzt bei 60 Stück Rehwild pro Jahr. Abschusshöhen dieser Dimension sind in Revieren jenseits des Landkreises Fürstenfeldbruck kaum zu finden.

Die Forderungen der Behörde treffen zudem den am dichtesten besiedelten Landkreis Bayerns. In Fürstenfeldbruck leben pro Quadratkilometer 501 Einwohner, im Vergleich dazu in Ebersberg 256 oder in Aichach-Friedberg nur 170. Der extreme Freizeitdruck macht das Wild immer weniger sichtbar und erhöht die Schwierigkeit der Bejagung deutlich. Der ertragreiche Fichtenwald - die Bäume wachsen sehr schnell und das Holz kann rasch verwertet werden - hat seit dem Eintritt des Klimawandels ein Problem. Durch die wachsende Anzahl an Trocken- und Wärmeperioden und besondere Wetterverhältnisse wie starke Stürme entstehen Rahmenbedingungen, denen ein flachwurzelnder Fichtenwald nicht gewachsen ist. Daran könne auch die rigorose Dezimierung des Rehwilds nichts ändern, heißt es in einer Pressemeldung der Jägerschaft. Der später amtlicherseits empfohlenen Pflanzung von Eschen stellte das Eschentriebsterben ein schnelles Ende. Laut der Jäger ist nicht das Rehwild das Hauptproblem, sondern die gestiegenen Temperaturen.

Dem gegenüber stehen die Interessen der Waldbesitzer. Die Jägerschaft möchte die nötige Veränderung des Waldes hin zu einem Mischwald unterstützen und zeigt sich bereit, sich für ein Gleichgewicht und den Artenreichtum der Tier- und Pflanzenwelt zu engagieren. Die Hauptbaumart der Region bleibt bis dahin die Fichte. Die Fichtenwaldbestände sind nicht von einem durch Verbiss erzeugten Wachstumsproblem gekennzeichnet, sondern müssen im Gegenteil regelmäßig durchforstet werden. In so einem Fichtenwald ist eine Naturverjüngung mischwalderzeugender Baumarten kaum zu erwarten. Die Lösung des Problems liege also im Landkreis Fürstenfeldbruck ebenso wenig in der weiteren, regelmäßigen Erhöhung des Rehwildabschusses, heißt es in der Stellungnahme der Jägerschaft, wie die gänzliche Aufhebung der Schonzeit für Hirsch, Gams und Reh im Gebirge die dortigen Probleme lösen würde. Es liegt, sofern der Mischwald auch von den Grundstückseigentümern angestrebt wird, in einem ersten Schritt in der Pflanzung der gewünschten Baumarten auf Flächen mit dafür günstigen Lichtverhältnissen. Der Jagd kommt in Folge die Aufgabe zu, die Bejagung an aufgeforsteten Flächen verstärkt zu intensivieren. Langfristiges Ziel wäre die Naturverjüngung der neuen Baumarten.

Nach ihren Angaben verbringen die Brucker Jäger derzeit bei einem 500 Hektar großen Revier etwa 1700 Stunden pro Jahr mit Ansitz auf Wild und weitere gut 1500 Stunden mit allgemeinen Revierarbeiten. Das Jagen finde in den stadtnahen Erholungsgebieten verantwortungsbewusst, mit Respekt gegenüber Tier und Natur und in aktiver Zusammenarbeit mit Landwirten und Waldbesitzern statt, heißt es. Eine Bejagung wie durch die Forstbehörden im Staatswald unlängst in Jesenwang vorgenommen, lehnen die Brucker Jäger ab. Sie verstehen sich als Naturschützer und wollen keinen Feldzug gegen das Rehwild führen, sondern im engen Schulterschluss mit den Waldbesitzern die Reviere sinnvoll bewirtschaften. "Die Vorgehensweise, mit Schreiben an alle Landräte und die Unteren Jagdbehörden Druck auf die Jägerschaft auszuüben, lehnen wir strikt ab", sagt Pöllmann.

© SZ vom 14.03.2019 / sz - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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