Abgas-Skandal:Rückruf mit Folgen

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Beim Autohaus Haas in Olching kümmert sich Werkstattmeister Gerhard Suppmair um das Software-Update betroffener Diesel-Modelle. (Foto: Günther Reger)

Besitzer von VW-Dieselmodellen bekommen dieser Tage Post. Das Kraftfahrtbundesamt fordert sie auf, die manipulierte Motor-Software austauschen zu lassen. Die Werkstätten sehen viel Arbeit auf sich zukommen

Von Erich C. Setzwein, Fürstenfeldbruck

Besitzer von VW-Dieselfahrzeugen dürfen bis Ende dieses Monats Briefe des Kraftfahrtbundesamtes und von ihrem Autohersteller erwarten. In dem ersten wird denjenigen, die ein Fahrzeug mit einem Zwei-Liter-TDI-Motor der Baureihe EA 189 besitzen, angekündigt, dass ihr Auto mit einer manipulierten Abgassteuerung ausgerüstet ist. Die VW-Vertragswerkstätten sind mittlerweile über das Procedere informiert worden und erwarten eine erste Welle von Anmeldungen im Februar. Dann nämlich bekommen die Dieselfahrzeugbesitzer einen weiteren Brief, in dem sie gebeten werden, mit einer VW-Werkstatt einen Termin für eine Umrüstung auszumachen.

Der Skandal um manipulierte Abgas-Software - betroffen sind alle Marken des VW-Konzerns - hat die Mitarbeiter in den Autohäusern verunsichert. Nun werden sie die Folgen zu spüren bekommen, wenn sie zu ihrer normalen Werkstattarbeit auch noch Tausende Dieselmodelle umrüsten müssen. Wilhelm Brugglehner, einer der Geschäftsführer des Autohauses Rasch in Fürstenfeldbruck, sagt: "Ich bin schwer enttäuscht von unserem Hersteller." Eine solche Manipulation habe er nicht erwartet. Auch wenn Brugglehner sich nur an "verhältnismäßig geringe Reaktionen" der Kunden in den vergangenen Monaten erinnern kann, so ist er doch überzeugt davon: "Irgendwas bleibt bei den Leuten hängen."

Dass es einfach werde, die Motorsteuerung mit einem Software-Update zu versehen, das hat Brugglehner nicht angenommen. Bei einem Treffen auf Geschäftsführerebene vor einigen Tagen aber ist das ganze Ausmaß erst zur Sprache gekommen. Es wird für die Kfz-Meister und Mechatroniker nicht einfach nur um ein Anstöpseln an einen Computer gehen, es wird noch viel mehr zu beachten sein. Allein für den Motor der Baureihe EA 189 liegt die Zahl der Software-Varianten bei 1200. Da die Software, aus der der Befehl für das Abgasverhalten auf einem Rollenprüfstand herausgenommen worden ist, zentral auf Servern von VW liegt, erwarten Mitarbeiter in den Werkstätten Ausfälle durch Übertragungsprobleme. Brugglehner hat in Fürstenfeldbruck neue Rechner angeschafft, um gleichzeitig fünf Dieselfahrzeuge auf den neuesten Stand zu bringen.

Begonnen werde, so hätten es die VW-Chefs bei dem Meeting erfahren, mit dem Nutzfahrzeug "Amoroc", einem Pick-up. Davon fahren nicht allzu viele auf den Straßen des Landkreises, es dürfte für die gut vorbereiteten Werkstätten von VW zum ersten Testlauf werden. Da nicht nur der Zwei-Liter-Diesel betroffen ist, wird damit gerechnet, dass sich die Rückrufaktion übers ganze Jahr hinziehen wird. Denn später im Jahr werden auch die Diesel-VW mit 1,2 und 1,6 Liter Hubraum in die Werkstätten zurückgerufen. Bei denen dürfte es nicht bei einer Softwareeinstellung bleiben, sondern es werden Ersatzteile eingebaut. Thomas Reiter, Werkstattchef beim Autohaus Haas in Olching, rechnet damit, dass diese Umrüstungen im dritten Quartal beginnen, also nach den Sommerferien.

Allerdings werden TDI-Fahrer nicht einfach so in die Werkstatt kommen können. Brugglehner erläutert, dass vom Konzern aus die jeweilige Fahrgestellnummer freigeschaltet sein müsse, damit das Motorsteuergerät mit dem neuen Programm ausgestattet werden könne. Allein das Autohaus Rasch hat an 1350 Kunden Pkw und Nutzfahrzeuge mit dem manipulierten Dieselmotoren verkauft.

"Wir machen uns natürlich Gedanken, wie man das organisieren kann", gibt Reiter zu bedenken. Mehr als fünf Fahrzeugen am Tag nebenher eine neue Software aufzuspielen, dürfte seinen Worten zufolge schwierig werden. Auch über Sonderschichten nach Feierabend habe man schon nachgedacht, allerdings noch nichts geplant. Reiter hofft auf den Hersteller, der die Terminsituation für die Autohäuser durch die jeweilige Software-Freigabe entzerren könnte.

Karl Moser, der seit 1983 in Puchheim eine VW-Vertragswerkstatt betreibt, sieht der Rückrufaktion gelassen entgegen. "Das ist nicht so drastisch", sagt Moser vor Beginn der Umrüstaktion. In Werkstätten wie seiner werden die betroffenen Fahrzeuge mit der neuen, vom Kraftfahrtbundesamt genehmigten Software ausgestattet. Das dauert den Schätzungen von VW zufolge eine gute halbe Stunde. Wer nicht warten kann, dem will der Konzern einen Ersatzwagen geben. Bezahlt wird die Umrüstung von VW, das heißt, Moser wird sich seine Kosten beim Konzern wiederholen müssen.

Das sind die Folgen für die mittelständischen Autowerkstätten, über die Ursachen schüttelt der erfahrene Autohändler nur den Kopf: "Warum macht man so etwas?", fragt sich Moser. Eine Antwort darauf ist man dem Händler anscheinend bislang schuldig geblieben, zumindest dringt aus den Konferenzen nichts nach außen.

Doch der VW-Abgasskandal, der ganz offensichtlich in den USA einen deutlich größeren Schaden verursacht hat, scheint die deutschen Autofahrer nicht mehr zu schrecken. Die Nachfrage nach Fahrzeugen dieser Marke ist bei Moser ungebrochen. "Ich persönlich bin positiv überrascht, wie die Leute das sehen", sagt Moser. Das gelte natürlich für die Neuwagen nach der Euronorm 6 wie auch erstaunlicherweise für gebrauchte VW-Fahrzeuge.

© SZ vom 26.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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