700 Haushalte pro Jahr betroffen:Die Schuldenfalle schnappt zu

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Die Caritas-Fachstelle in Fürstenfeldbruck verzeichnet einen ungebrochen hohen Beratungsbedarf im Landkreis. Ihre Klientel wird älter.

Stefan Salger

Rund 700 Haushalte im Landkreis geraten Jahr für Jahr so tief in die roten Zahlen, dass sie ohne Hilfe nicht mehr aus der Schuldenfalle kommen. Auch der kontinuierliche Rückgang der Arbeitslosenquote hat nichts an dem besorgniserregenden Trend geändert. Die Einschnitte im Sozialbereich haben vielmehr dazu beigetragen, dass der Altersschnitt, der zurzeit bei etwa 30 bis 45 Jahren liegt, sich nach oben verschiebt - es droht Altersarmut.

Seit genau zehn Jahren kümmern sich bei der Caritas-Schuldnerberatung auch ehrenamtliche Kräfte um diese Menschen. Landrat Thomas Karmasin und Günter Wittmann, Vorsitzender des Fördervereins "Hand in Hand", würdigten bei einer Feier das Engagement der zurzeit elf Helfer. Gemeinsam mit Heidi Schaitl und ihrem aus Teilzeitkräften bestehenden vierköpfigen Team versuchen sie, den sozialen Abstieg und drohende Privatinsolvenzen - im vergangenen Jahr 147 - doch noch abzuwenden. Drei bis sechs Wochen müssen Hilfesuchende in der Regel dennoch bis zum ersten Gesprächstermin warten.

Nicht immer ist es der leichtfertige Umgang Jugendlicher mit Handy oder Internet oder die bedenkenlose Aufnahme eines Konsum-Ratenkredits. Es kann fast jeden treffen, denn zu den Hauptursachen fürs Abgleiten in die Schuldenfalle zählen Ehescheidung und Trennung, Arbeitslosigkeit oder der gescheiterte Versuch, sich selbständig zu machen.

Die Ehrenamtlichen, die zuvor eine Schulung absolvieren, kümmern sich meist mehrere Stunden pro Woche um einen Schuldner. Sie müssen umgehen können mit Scham und seelischem Druck und lernen dabei nach Worten Schaitls "ganz andere Lebenswelten" kennen. Manchmal aber müssen sie auch sehr nachdrücklich auftreten und "zeigen, wie man Ordnung ins Leben bringt", so Christiane Göttner von der Beratungsstelle in Fürstenfeldbruck. Denn die Ehrenamtlichen sollen den Schuldnern die Arbeit nicht einfach abnehmen, sondern ihnen lediglich zur Seite stehen und einen Weg aus dem Dilemma weisen - bevor eine Strategie erarbeitet wird, müssen die monatlichen Einnahmen und Ausgaben sowie offene Forderungen aufgelistet werden.

Die frühere Bankerin Maria von Fürstenberg empfindet die seit zehn Jahren geleistete ehrenamtliche Arbeit ebenso als erfüllend wie ihre Kollegen Eva Heims und Theodor Kreis. Doch auch sie bekommt es manchmal mit schwierigen Fällen zu tun. Da ist die Frau, die ungeöffnete Post in drei großen Müllsäcken gesammelt hat - darunter nicht nur Rechnungen, sondern auch Antragsformulare für Zuschüsse. Oder die alte Dame, die nicht nein sagen kann. An Telefon und Haustüre lässt sie sich Abonnements oder Waren aufschwatzen und unterschreibt akribisch alle Verträge und Mahnungen, die ihr geschickt werden. Die gehbehinderte alte Frau hat kein Auto, aber eine ADAC-Mitgliedschaft und eine nagelneue Sicherheitsleiter. Und mehr als 100 Gläubiger. Das eigentliche Problem sei in solchen Fällen eher die Vereinsamung, so Renate Koemm von der Beratungsstelle Germering.

© SZ vom 09.05.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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