Zum wiederholten Mal:Flüchtling soll Mitbewohner bedroht haben

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Der Haager Helferkreis sieht eine "hohe Gefährdungslage" im Pfarrhaus. Das Landratsamt reagiert lediglich mit der Verlegung des Beschuldigten in eine andere Unterkunft.

Von Katharina Aurich, Haag

Die Flüchtlinge im Haager Pfarrhaus haben Angst - nicht vor dem Militär, der Polizei oder den Taliban, vor denen sie geflohen sind, sondern vor einem anderen Asylsuchenden, der mit ihnen seit über einem Jahr im Haus lebt. Der afghanische Asylbewerber hat am Montag einen jungen Mitbewohner laut Aussage von Raimund Strolo, Mitglied des Helferkreises, mit dem Messer bedroht, weil der Jüngere in der gemeinsamen Küche zu laut gewesen sei. Mitbewohner berichten, dass es ihnen gemeinsam gelungen sei, dem aggressiven Flüchtling das Messer aus der Hand zu nehmen.

Bereits seit Monaten kommt es in dem Haus, in dem zwölf Flüchtlinge leben, immer wieder zu Streit mit dem Afghanen. Dieser war bereits in der Vergangenheit wegen seines aggressiven Verhaltens angezeigt und dann in die Unterkunft nach Haag verlegt worden.

Behörden wollen den Beschuldigten nach Eching verlegen

Der bei dem aktuellen Vorfall angegriffene junge Mann habe gemeinsam mit Strolo bei der Polizeiinspektion in Freising Anzeige erstattet, berichtet Polizeihauptkommissar Michael Maier. Gleichzeitig mit der polizeilichen Anzeige wurde das Freisinger Landratsamt, das für die Flüchtlinge zuständig ist, informiert. Noch am Mittwoch hat die Behörde entschieden, den Beschuldigten in der kommenden Woche zusammen mit seiner Partnerin und dem gemeinsamen Baby, die in Haag in einem Zimmer leben, in die Unterkunft nach Eching zu verlegen, wie Robert Stangl von der Pressestelle des Landratsamtes bestätigt.

Die Flüchtlinge im Pfarrhaus in Haag fürchteten nun, dass der Beschuldigte beim Erhalt dieser Nachricht tatsächlich gewalttätig werde, einige würden deshalb morgen die Unterkunft verlassen und bis nächste Woche Unterschlupf bei Freunden suchen, berichten Strolo und der afghanische Flüchtling Habib Amiri. Amiri hatte den aggressiven Mitbewohner bereits vor fünf Monaten angezeigt, da dieser seine Frau Fatema Mohseni bedroht hatte - ohne Konsequenzen. Seit dem schließen die Bewohner die Zimmertüren penibel ab, wenn sie hinein oder heraus gehen.

Bedrohungen in Flüchtlingsunterkünften seien fast alltäglich

Die Mitarbeiter des Landratsamtes jedoch würden davon ausgehen, dass der Mann, wenn er den Verlegungsbescheid erhalte, nicht gefährlich werde, so Stangl. Für Hauptkommissar Maier ist es fast alltäglich, dass es in den Flüchtlingsunterkünften, wo Menschen aus unterschiedlichen Kulturen auf engem Raum und häufig ohne Beschäftigung zusammen leben, zu Bedrohungen und manchmal auch zu Angriffen kommt, wie er sagt. Wegen der Anzeige werde der Fall dennoch der Staatsanwaltschaft zur Prüfung übergeben.

Raimund Strolo jedoch ist entsetzt. Die Behörde verharmlosten seit längerem die bekannte, schwierige Situation in Haag. Er kritisiert, dass man sich erst jetzt, nach der Messerbedrohung, um den Fall kümmere und das Gefährdungspotenzial des vermutlich traumatisierten Angreifers herunter spiele, so Strolo. "Wir sehen eine hohe Gefährdungslage im Pfarrhaus", einige Mitglieder des Helferkreises trauten sich inzwischen nicht mehr, das Haus zu betreten. Nach Strolos Ansicht müsste sofort eingegriffen, der Beschuldigte mit seiner Frau und dem Baby beaufsichtigt, betreut und das Problem nicht einfach in eine andere Einrichtung verlagert werden.

© SZ vom 19.01.2017 / ka - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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