Zu trocken und zu heftige Regenfälle:Das Ende des "Brotbaums"

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Mit gutem Beispiel voran: Bernhard Söllner (rechts) erklärt bei einem Rundgang im Kranzberger Forst, wie man einen Wald fit für die Zukunft macht. (Foto: Marco Einfeldt)

Früher galten zügig wachsende Fichtenwälder als Garant für schnelles Geld. Doch der Bestand leidet zunehmend unter dem Klimawandel. Bei einem Rundgang mahnen Fachleute die Waldbesitzer, auf vielfältige Arten umzusteigen

Von Katharina Aurich, Kranzberg

Die Zeiten, in denen schnell wachsende Fichtenwälder eine sichere Sparkasse waren, sind vorbei. Wer heutzutage als Waldbesitzer auf Fichtenreinbestände setze, habe bald einen aufgerissenen Baumbestand, der sich auflöse, erläuterte Förster Bernhard Söllner rund 20 Waldbesitzern sowie Bürgermeister Hermann Hammerl bei einem Rundgang im Wald der Gemeinde Kranzberg. Der drei Hektar große Kommunalwald werde vorbildlich bewirtschaftet, lobte Söllner. Wie zur Bestätigung wachsen hier dicke Fichtenstämme fast bis in den Himmel, unter dem Kronendach gedeihen kleine Tannen und Rotbuchen, Moose und Sträucher sprießen in der untersten Waldetage, begleitet wird das Ganze von einem Konzert unzähliger Vogelstimmen. In diesem Wald werde auf Vielfalt gesetzt, betonte der Fachmann und zeigte eine siebenjährige Rotbuchen- Weißtannenanpflanzung.

Der Klimawandel sei die Ursache, warum Waldbesitzer umdenken müssten. Denn die Fichte, die eigentlich eine Baumart aus dem Gebirge sei, leide unter den trockenen Sommern und den monsunartigen Regenfällen, die in Zukunft weiter zunehmen würden, mahnte Stefan Warsönke, Bereichsleiter Forsten beim Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Erding-Freising. Wenn die Fichte geschwächt sei, habe ihr natürlicher Begleiter, der Borkenkäfer, leichtes Spiel - und die Tage des Baumes seien gezählt. Aber auch die ihrer Nachbarbäume, denn die Käferlarven vermehrten sich massenhaft unter den Baumrinden und schwärmten dann aus, erklärte Söllner. Vielen Waldbesitzern im Landkreis, das sind überwiegend Landwirte, denen kleine Waldstücke gehören, falle das Umdenken schwer. Jahrzehntelang galt ihnen die Fichte als "Brotbaum". Wenn man Geld benötigte, ging man in den Wald und schlug ein Exemplar, die Bäume wuchsen fast von alleine.

Diese Zeiten seien vorbei, sagten Söllner und Warsönke. Nötig sei ein Waldumbau hin zu vielfältigen Beständen mit unterschiedlichen Baumarten, die verschiedene Ansprüche haben: Arten, die mit Trockenheit und weniger Licht gut zurechtkommen und bei Sturm standfest sind, so dass bei klimatischen Extremereignissen, wie sie in Zukunft erwartet werden, nicht plötzliche alle Bäume kaputt gingen. Die Tanne zum Beispiel wurzele tief und sei "katastrophenbeständig", darauf komme es jetzt bei der Neupflanzungen von Bäumchen an, betonte Warsönke. Aber die Pflanzung von vielfältigen Beständen erfordere wesentlich mehr Aufmerksamkeit und Arbeit als Reinbestände, machte Söllner den Waldbesitzern keine Illusionen. Die Weißtannen-Rotbuchenschonung im Gemeindewald ist beispielsweise umzäunt, denn die jungen Tannentriebe sind für Rehe ein Leckerbissen. Für den Zaun seien die Jäger zuständig, man kooperiere sehr gut, berichtete Bürgermeister Hammerl. Regelmäßig müsse die Schonung ausgemäht werden, damit die kleinen Tannen gut hochkämen. Haben sie es bis zu einer Größe von rund einem Meter geschafft, sind sie jedoch den Fichten überlegen. Die Tanne wachse schneller, wurzele tief und komme vor allem gut an dunklen Standorten zurecht, schilderte Söllner. Auch in älteren Beständen müsse der Waldbesitzer regelmäßig durchforsten und Bäume schlagen, sonst stünden die Stämme zu dicht, seien zu dünn und würden anfällig für Windbruch.

Wer einen Wald pflanze, treffe Entscheidungen über Generationen hinweg, betonte Warsönke. Natürlich sei nicht jeder Baum auf allen Standorten geeignet, die Bodenart, die Lichtverhältnisse und auch, ob es an einem Standort Spätfrost gebe, müsse berücksichtigt werden. Jeder Waldbesitzer habe seinen Wunschbaum im Kopf, aber er müsse sich auch nach der Bodenart richten, appellierte Söllner. Zum Gemeindewald gehört auch ein Quellmoorgebiet mit einem Erlen-Eschen-Bestand, hier wird die Natur sich seit einigen Jahren selbst überlassen. Das sei für kleinere Flächen wie diesem FFH-Gebiet, einem Schutzgebiet nach der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie, sinnvoll. Grundsätzlich bedeute Waldbesitz jedoch Verantwortung und Arbeit, appellierte Söllner. Er könne als Förster im Auftrag des Staates nicht mehr tun, als eine kostenlose Beratung anzubieten und mit den Waldbesitzern gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dies werde von vielen angenommen, aber zwingen könne man niemanden.

© SZ vom 15.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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