Paralympics-Sieger als Vorbild :Den eigenen Weg finden

Lesezeit: 2 min

Sein Wettkampfrad hat Paralympics-Sieger Wolfgang Sacher in die Mittelschule Neustift mitgebracht. Von Schicksalsschlägen hat er sich nie unterkriegen lassen und große Triumphe gefeiert. (Foto: Marco Einfeldt)

SV Zukunft will Schülern in Neustift Anstöße geben - aktuelles Projekt endet mit Besuch des Sportlers Wolfgang Sacher.

Von Alexander Kappen, Freising

Klassleiterin Martina Brandl war mächtig beeindruckt. Als das Vorhaben des gemeinnützigen Vereins SV Zukunft Ende November in der Mittelschule Neustift mit der Vorstellungsrunde der teilnehmenden Neuntklässler startete, "war das ehrlich gesagt katastrophal", sagte die Lehrerin am Mittwochvormittag zum Abschluss des Projekts. Den Schülern sei es "nicht möglich gewesen, irgendwas Ernsthaftes zu sagen, ohne dass es irgendwo ein Kichern gegeben hat".

Am Mittwoch standen die jungen Frauen und Männer, die bald ihren Abschluss machen, nun da und trugen in ihren klaren Schlussvorträgen vor Publikum mutig und ganz offen vor, was ihrem Leben einen Sinn gibt und was sie persönlich aus dem Projekt mitgenommen haben. Zusammengefasst könnte man sagen: dass es sich lohnt, an seine Chance zu glauben und an seinen Träumen festzuhalten, ein Ziel zu haben und nicht gleich aufzugeben, wenn es mal nicht so läuft.

Den linken Arm verloren

Wie man sich von Schicksalsschlägen nicht unterkriegen lässt und auch mit Handicap eine große Sportlerkarriere hinlegen kann, erfuhren die Schüler aus erster Hand von Wolfgang Sacher. Der 52-jährige Penzberger, der im Alter von 16 bei einem Starkstromunfall seinen linken Arm verloren hat, wurde 2008 in Peking Paralympics-Sieger im Einzelzeitfahren auf der Straße und gewann in zwei weiteren Wettbewerben Gold und Silber. Zudem war er Weltmeister im Einer-Straßenfahren (2006) und zweimal Vize-Weltmeister im Einzelzeitfahren (2006 und 2007). Sacher war nach dem Freisinger Ex-Triathleten Florian Wildgruber, Schauspieler Anton Algrang und dem mehrfachen Diskus-Olympiasieger und Weltmeister Lars Riedel der vierte Prominente, der für das Projekt als Trainer an die Schule in Neustift kam. Ziel des SV Zukunft ist es, "an Standorten mit Schülern mit schwieriger Perspektivlage", wie es die Vorsitzende und Projektleiterin Birgit Mooser-Niefanger ausdrückte, an der Persönlichkeitsentwicklung der jungen Leute mitzuwirken. Zusammen mit prominenten Gästen, meist aktive oder ehemalige Profisportler, "wollen wir helfen, dass die jungen Menschen über Selbstreflexion in die Selbstverantwortung kommen". Mit viel positivem Feedback, das die Schüler bei allen Übungen von den anderen ganz bewusst bekommen, sollen sie darin bestärkt werden, ihren eigenen Weg zu finden.

So wie Wolfgang Sacher, der als Kämmerer in Schäftlarn arbeitet, im Stadtrat von Penzberg sowie im Kreistag von Weilheim-Schongau sitzt und mittlerweile nur noch hobbymäßig Fahrrad fährt. Er hatte am Mittwoch sein ehemaliges Wettkampfrad dabei. Eine Hightechmaschine, die eine Ahnung davon vermittelt, welcher finanzielle Kraftaufwand eine Karriere als Leistungssportler auch ist.

Sportlerkarriere mit 38

Eine Saison koste 40 000 Euro berichtete Sacher - und als A-Kader-Fahrer, der für Deutschland antrat, habe er als Förderung bescheidene 100 Euro monatlich erhalten. Mit Hilfe von Sponsoren und vor allem dank seiner eigenen Leistungsbereitschaft legte der zweifache Familienvater, parallel zum Beruf, dennoch eine beeindruckende Sportlerkarriere hin - obwohl er erst im hohen Alter von 38 Jahren mit dem Radfahren begann. Auch von zahlreichen Arm- und Schlüsselbeinbrüchen ließ er sich nicht beirren.

Der Besuch von Sacher und der drei vorherigen Gäste habe ihm gezeigt, "dass man, auch wenn man von ganz unten kommt und bei null anfängt, viel erreichen kann, wenn man was dafür tut", sagte ein Schüler - und fügte offen und ehrlich hinzu: "Daran muss ich noch arbeiten."

© SZ vom 28.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: