Wo einst Getreide und Tiere gewogen wurden:Junges Fest auf altem Platz

Lesezeit: 3 min

Am Waaghäusl in Eching, das ein paar Landwirte im Jahr 2009 in Eigenleistung renoviert haben, wird an diesem Samstag wieder gefeiert. (Foto: Marco Einfeldt)

Am Echinger Waaghäusl wird nach einem Jahr Pause wieder gefeiert. Veranstalter ist nun der Burschenverein

Von Klaus Bachhuber, Eching

Es ist eines der jüngeren Feste in Eching, aber das auf dem ältesten Platz. An der Waagstraße, wo seit gut zehn Jahren das alte Waaghäusl schmuck renoviert ist, da war früher der Mittelpunkt des bäuerlichen Echings, hier waren der Wochenmarkt und der Wasserhydrant. Eine Initiative von Landwirten hatte das alte Waaghäuschen neu rausgeputzt und zur Feier des Kleinods dann 2009 ein Waaghäuslfest initiiert.

Das Fest etablierte sich als buntes Sommerfest im Jahresplan Echinger Festivitäten - bis 2017. Die geplante und schon terminierte achte Auflage musste kurzfristig abgesagt werden. Da die sogenannten Waaghäuslfreunde kein eingetragener Verein sind, hatte das Fest bei der Premiere der Verein Heimatbühne ausgerichtet und in Folge dann der Bauernverband. 2017 nun hatte der Kreisverband wegen rechtlicher Bedenken seine Unterschrift als Verantwortlicher verweigert. Die Gemeinde sprang nicht ein, weil man "nicht für Feste Dritter verantwortlich zeichnen" könne, wie Bürgermeister Sebastian Thaler betonte. Und weil dann auch noch die Wetterprognose miserabel gewesen war, wurde das Fest 2017 ersatzlos gestrichen.

Das Fest am Leben erhalten hat nun der Burschenverein. Die Anfrage der Waaghäusler, das Fest als Veranstalter auszurichten, habe man "dankend angenommen", berichtet der Vorsitzende der Burschen, Christian Weiß. Jetzt ist der Burschenverein Ausrichter des Waaghäuslfests an diesem Samstag, 13.30 Uhr.

Zwischen Maibaumaufstellen, Osterfeuer und dem Burschenball im Fasching habe der Verein eh noch eine Veranstaltung für den Sommer initiieren wollen, schildert Weiß, da sei das bestens eingeführte Fest gerade recht gekommen.

Umgesetzt wird jetzt exakt die Planung von 2017, also mit der historischen Ausstellung "Obsternte und -verwertung", die Klaus Widhopf vom Heimatmuseum und Gemeindearchivar Günter Lammel zusammengestellt haben. Dazu gibt es Mittagessen mit Schweinebraten und dann Verpflegung bis in die späten Abendstunden. Die Echinger Landfrauen steuern Kaffee und Kuchen bei. Die Musik kommt vom Musikverein St. Andreas. Ausgestellt sind auch alte landwirtschaftliche Geräte und Oldtimerbulldogs.

Die Waage war 1899 von der Ortsgemeinde der Landwirte in Auftrag gegeben worden. Offenbar war länger gespart worden, denn 1899 steht im Kassenbuch ein "Aktivrest von 1462,07 Mark, welcher zur Anschaffung einer Wage verwendet wird". Der Vorsitzende der Landwirte, Johann Mauermeir, wurde im gleichen Jahr zum Bürgermeister gewählt und machte die Waage zur Chefsache.

Den Kalk für den Bau des Waaghäusls holte er selbst und erhielt dafür drei Mark aus der Kasse. Die Baumaterialien schlugen mit insgesamt 325 Mark zu Buche, der Maurer Jakob Ziegltrum berechnete für Maurer- und Handlangerarbeiten 130,80 Mark. Ende Juni 1899 stand das Häusl. Auch die Waage holte der Bürgermeister persönlich in München ab und erhielt laut Quittung "für abhollen der Wage fünf Mark und den Mondör für Aufstelung zwei Mark". Am 7. Juli 1900 wurde die Waage amtlich geeicht.

Nun wurden hier auf der Fahrzeugwaage vor dem Häuschen Wagenladungen an Kartoffeln, Heu, Stroh, Getreide und Kohlen gewogen. Im Waaghäusl war eine Viehwaage für Schweine, Bullen, Ochsen und Kälber. Die Metzger aus Eching, Lohhof und Schleißheim ließen da ihr Schlachtvieh wiegen. Auch bei Hausschlachtungen führte der letzte Weg der Tiere meist über diese Waage. Ein Waagmeister war zunächst wohl nicht bestellt. Als Michael Widhopf 1910 den Reicharthof in der heutigen Waagstraße übernahm, scheint mit dem Hof das Wiegegeschäft verbunden worden zu sein. Sein Sohn Michael (1912 bis 1985) führte dieses Amt weiter aus, nach dessen Tod seine Ehefrau Kreszenz.

Alle zwei Jahre musste seit 1900 nachgeeicht werden - bis 1969. Am 11. April beschloss der Gemeinderat, die Waage "zum letzten Mal in eichfähigem Zustand erstellen zu lassen". Doch vor der geplanten Frist zur Stilllegung der Großwaage änderte das Rathaus die Strategie und erließ im April 1970 eine neue Satzung für die Gemeindewaage und neue Wiegegebühren.

Günter Lammel vermutet, dass die Einführung der "losen Düngerkette" beim Raiffeisenlagerhaus die Waage wieder notwendig gemacht haben könnte. Der Kunstdünger wurde dabei nicht mehr in Säcken verkauft, sondern nur noch als Schüttgut, und das musste eben über die Gemeindewaage berechnet werden. Auch die Polizei nutzte damals die Waage, indem sie bei Kontrollen auf der Autobahn vermeintlich überladene Lastwagen in die Waagstraße zur Feststellung des Gesamtgewichts dirigierte. Erst 1990 wurde die Waage endgültig stillgelegt. Die Waage verfiel nun zusehends, bis 2009 einige Bauern das Häusl in Eigenleistung renovierten. Die Gemeinde trug die Materialkosten. Seither findet im August das "Arntfest am Waaghäusl" statt.

© SZ vom 18.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: