Wegen Transgourmet:Aufstand der Lerchenfelder

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12 481 Einwohner hat der Stadtteil Lerchenfeld derzeit. Gut 150 von ihnen kamen am Mittwoch zur Bürgerversammlung. (Foto: Einfeldt)

Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher muss sich des Vorwurfs erwehren, dass die Aufhübschung der Innenstadt auf Kosten des Stadtteils geht.

Von Kerstin Vogel, Freising

Nein, das war keine ganz einfache Bürgerversammlung für Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher: Mehr als 150 Lerchenfelder hatten sich am Mittwoch im Bräuhaus versammelt - und die meisten von ihnen waren gekommen, um ihrem Unmut über die geplante Ansiedlung des Logistikunternehmens Transgourmet in den Clemensängern Luft zu machen. Zusätzliche Lärm-, Feinstaub- und Verkehrsbelastung fürchten die Anwohner durch den neuen Nachbarn: "Wir fühlen uns verraten und verkauft", sagte ein aufgebrachter Bürger unter Beifall. Sein - ebenfalls von Applaus begleiteter - Vorwurf: "Die geplante Aufhübschung der Freisinger Innenstadt geht auf Kosten der Anwohner am Stadtrand."

Routiniert hatte der Oberbürgermeister zuvor die großen Projekte aufgelistet, die in Freising anstehen. Er zeigte Bilder vom geplanten Kombibad, schilderte die Pläne für die Innenstadt, die Sanierung des Asamgebäudes und vergaß auch die großen Straßenbauprojekte nicht: den bereits begonnenen Bau der Westtangente und die Nordostumfahrung.

Auch, was die Stadt in Sachen Wohnbau im Steinpark oder am Seilerbrückl vorhat, erfuhren die Lerchenfelder in Eschenbachers Bericht, und am Ende zitierte er sogar aus einer Begegnung mit Ministerpräsident Horst Seehofer am Vorabend der Bürgerversammlung. Dieser habe ihm versichert, dass er in der Startbahnfrage nach wie vor zu der kritischen Haltung stehe, die er im Herbst bei seinem Besuch in Attaching zum Ausdruck gebracht habe.

So sehr die Lerchenfelder das sicher zu schätzen wissen, so wenig war die Startbahn das Thema, über das sie sprechen wollten. Stattdessen warfen in der Diskussion gleich mehrere Bürger der Stadt und ihrem Oberbürgermeister vor, im Grunde nicht besser zu sein als die Flughafengesellschaft, die sich um die Auswirkungen ihrer Pläne auf die Anwohner auch nicht kümmere.

Die Gutachten, die Transgourmet noch liefern müsse, seien doch "bestellt", vermutete einer, andere zweifelten an der Aussage, dass die Transgourmet-Laster nicht durch die Stadt fahren würden, und eine Anwohnerin warf dem Oberbürgermeister vor, die Lerchenfelder müssten "büßen, dass die Stadt Jahrzehnte lang gepennt hat. Ich würde mich schämen."

Auf der Homepage der Stadt würden nur Projekte aufgeführt, "die schön sind", lautete ein weiterer Vorwurf, "von Transgourmet steht da nichts". Die von Eschenbacher für den 19. April angekündigte spezielle Bürgerversammlung zu diesem Thema komme zu spät, so der Verdacht, den die Lerchenfelder hegen: "Da ist doch schon alles entschieden."

Eschenbacher versuchte zu beschwichtigen: "Wir sind nicht der Flughafen", sagte er. Am 23. März würden die Ergebnisse der Gutachten in öffentlicher Sitzung im Planungsausschuss präsentiert, da werde sich dann zeigen, ob die Pläne umsetzbar seien. "Wir haben kein Interesse an Gefälligkeitsgutachten, wenn das nicht passt, kommen die halt nicht."

Auf die Frage, was das der Stadt bringe, antwortete der OB ehrlich: "Einen zweistelligen Millionenbetrag für den Verkauf des Grundstücks." Was die Gewerbesteuer angehe, wisse man noch nicht, wie hoch diese ausfalle, räumte er ein. Würde man die Clemensänger wie einst geplant kleinteilig bebauen, würde auch zusätzlicher Verkehr entstehen, gab er noch zu bedenken - und versprach abschließend, für Einzelgespräche zur Verfügung zu stehen: "Ich versuche, dass ich der letzte bin, der heute geht."

© SZ vom 26.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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