Wartezeiten für Fußgänger:Ärgernis Ampel

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Die Ampeln in Freising, wie diese hier am Bahnhof, werden verkehrsabhängig gesteuert. Für Autofahrer mag das, meistens jedenfalls, positiv sein. Fußgänger und Radfahrer aber müssen teilweise lange warten, bis für sie Grün angezeigt wird. (Foto: Marco Einfeldt)

ÖDP-Stadtrat Ulrich Vogl kritisiert, dass Fußgänger bei den Schaltungen benachteiligt werden - die Stadt widerspricht. Probleme haben die Anlagen zudem vor allem nachts, Radfahrer zu erkennen.

Von Nadja Tausche, Freising

Die Leser-Aktion "Was SZ-Leser wissen wollen" geht in die zweite Runde. Die Redaktion der Freisinger SZ hat ihre Facebook-Seite genutzt und nachgefragt: Was interessiert die Menschen im Landkreis? Welche Fragen kann die SZ beantworten, welche Vorgänge öffentlich machen? So will die Redaktion der Lebenswirklichkeit der Leser näherkommen. In der aktuellen Runde geht es um das Thema Verkehr. Zu den Vorschlägen mit den meisten "Likes" gehörte die Ampelschaltung in Freising und die Frage, ob sich diese zu sehr am Autoverkehr ausrichtet.

"Das Thema habe ich seit zehn Jahren auf dem Schirm", sagt Stadtrat Ulrich Vogl (ÖDP). Seiner Meinung nach hat Freising ein Problem mit der Ampelschaltung: "Die Anlagen sind so optimiert, dass möglichst viele Autos durchkommen", sagt er. Fußgänger müssten dagegen oft lange auf Grün warten. Die ÖDP hat deshalb vor einigen Tagen einen Antrag im Rathaus eingereicht: Darin fordert die Partei, die Ampeln von einem neutralen Gutachter untersuchen zu lassen. Beispielhaft sollen fünf Anlagen zeigen, wie Ampeln auf verschiedene Verkehrsteilnehmer reagieren, auch Wartezeiten und Störanfälligkeit sollten überprüft werden. "Dann wissen wir wenigstens, wie wir dran sind", erklärt Vogl den Vorstoß.

Generell könnte man sagen: Keine Ampel in Freising ist wie die andere. Wie lange Fußgänger und Autos warten müssen und wie lange die Grünphase dauert, unterscheide sich je nach Anlage und Verkehrslage, heißt es von der Stadt. Nur eines haben alle Ampeln Freisings gemeinsam: Sie werden vollverkehrsabhängig gesteuert, wie Hauptamtsleiter Rupert Widmann erklärt. Während sie früher immer im gleichen Takt von Rot auf Grün geschaltet haben, erkennen sie heutzutage, wie viel Verkehr ist. "Die Erfassung des Fahrverkehrs erfolgt automatisch durch Kameras oder Detektoren in der Fahrbahn", berichtet die Stadt. Die Ampeln kommunizierten miteinander und zusätzlich an manchen Straßen, etwa der ehemaligen B 11, über ein übergeordnetes System, das entscheide, welche Ampel wann umschaltet. Durch diese Steuerung werde die Wartezeit für alle Verkehrsteilnehmer kürzer, sagt Widmann - dadurch sinke der CO₂-Ausstoß bei wartenden Autos. "Wo Bedarf besteht, kann man möglichst schnell möglichst lange Grünzeiten ermöglichen" - wenn dagegen kein Verkehr ist, schalte die Ampel nicht unnötig um.

Nach Vogls Einschätzung hat das System allerdings einen großen Nachteil - nämlich für Fußgänger. Im Normalfall müssen die das Grünlicht selbst anfordern. "Damit hat sich die Wartezeit für Fußgänger im Durchschnitt dramatisch verschlechtert", meint er. Die Grünphasen seien zu kurz: Wer auch nur wenige Meter von der Ampel entfernt ist, schaffe es nicht mehr über die Straße und müsse einen kompletten Schaltzyklus abwarten. Außerdem vergessen Fußgänger oft zu drücken, sagt er. Die ÖDP hatte in einem früheren Antrag deshalb gefordert, die Bettelampeln bei Anlagen mit viel Fußgängerbetrieb wieder abzuschaffen.

Dass die Ampelschaltung in Freising Fußgänger benachteiligt, dem widerspricht Widmann. Sieben Sekunden warten Fußgänger an der Anlage in der Kammergasse auf Höhe des Klosters Sankt Klara, nennt er als Beispiel. An der Ampel über die Münchner Straße am Freisinger Bahnhof ist es zwar deutlich länger. Aber wenn viel Verkehr ist, müssten alle Verkehrsteilnehmer länger warten, nicht nur Fußgänger, so Widmann.

Unpraktisch wird es allerdings, wenn man an der Ampel wartet - und die gar nicht grün wird. Das passiere immer wieder, beklagt Vogl. Radfahrer würden von den Anlagen oft nicht erkannt. Tatsächlich hätten die Kameras manchmal Probleme, bestätigt Widmann: etwa nachts bei Radfahrern ohne Licht. Um Abhilfe zu schaffen, werden seit 2017 in Freising vermehrt Kameras mit Wärmebildtechnik eingesetzt, die also die Körperwärme der wartenden Radfahrer registrieren. Einen interessanten Aspekt wirft die Stadt noch auf. Möglich wäre es theoretisch, die Ampelschaltung politisch zu regeln. Vorstellen könnte man sich etwa das Prinzip: Wer umweltfreundlich unterwegs ist, wartet kürzer. Bei einem Stau bis vor die Stadtgrenze nimmt der eine oder andere dann vielleicht doch eher das Fahrrad.

© SZ vom 15.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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