Vorzeigeprojekt seit 22 Jahren:Kunststück Mehrgenerationenhaus

Lesezeit: 2 min

Das Echinger ASZ bietet es nicht nur Senioren Raum zum Leben und zur Entfaltung, sondern auch zahlreichen anderen Gruppen quer durch die Gesellschaft

Von Alexandra Vettori, Eching

Die Bridge-Runde trifft sich seit 20 Jahren in der Bibliothek des Alten- und Service-Zentrums (ASZ), jeden Dienstag. "Es ist schön hier, wir haben Platz, wunderbar", sagt Jutta Kafka. Sie wohnt in Garching und kommt zum Bridge extra nach Eching. "Und Fußbodenheizung haben wir auch", fügt Peter Rauch aus Eching lachend hinzu. 20 Jahre, das ist fast so lange, wie das ASZ existiert. An diesem Donnerstag wird das 22-jährige Bestehen gefeiert.

Sieglinde Lebich leitet die Einrichtung seit der Eröffnung 1995, schon damals war das ASZ ein Vorbildprojekt. Sie kann sich nicht erinnern, wie viele Interessierte sie schon durch das Gebäude geführt hat, bis heute. Das Konzept des Zentrums versucht, alle Bereiche sozialen Lebens von Senioren abzudecken. Im Obergeschoss gibt es 34 altengerechte Wohnungen mit Hausnotruf, im Erdgeschoss ein Restaurant-Café, zwei Säle, ein Foyer mit Leseecke und Infowänden, im Keller ein kleines Schwimmbad und einen Turnraum.

Im Alten- und Service-Zentrum kann man nach der Gymnastikstunde gemütlich einen Kaffee trinken oder was essen. Die meisten Gäste im Café Zentral, das Bekim Rizahu betreibt, sind Rentner. Aber auch Firmen kommen zu ihm. (Foto: Marco Einfeldt)

"Viele Kommunen träumen von so einem Haus, es war gut, rechtzeitig etwas zu tun, denn die Zahl der über 65-Jährigen steigt", sagt Sieglinde Lebich. Am Anfang bestand das Programm aus ein paar Ausflügen, heute sind alle Räume fast immer belegt, auch mit eingemieteten Gruppen, umso mehr, seit das ASZ 2008 auch Mehrgenerationenhaus geworden ist. Seitdem treffen sich Sing-, Handarbeits, Schach-, Koch-, Gymnastik- und Wassergymnastikgruppen, Kleinkinderschwimmen und Babygymnastik findet hier statt sowie eine Ferienbetreuung für Grundschulkinder.

"Ach ja", zählt Lebich mit zufriedenem Gesicht auf, eine Mädchengruppe sei auch im Haus, eine Töpferwerkstatt, Englischkurse und die Briefmarkenfreunde. Selbstverständlich gibt es auch Konzerte, Ausstellungen und Ausflüge. "Es ist ein Kunststück, das Programm zu verjüngen, ohne die Alten zu vergrätzen", sagt Klaus-Dieter Walter, Projektleiter im ASZ. Er hat auch das jüngste Baby ins Leben gerufen, das Reparaturcafé, wo einmal im Monat versierte Tüftler kaputte Haushaltsgeräte reparieren.

Im Jahr 1995 ist das ASZ in Eching eröffnet worden, seit 2008 ist es auch ein Mehrgenerationenhaus. (Foto: Marco Einfeldt)

Herz des Hauses ist das Café Zentral, seit elf Jahren betreibt es Bekim Rizahu. Es gibt täglich drei Menüs und selbst gebackene Kuchen, auch Gesellschaften finden statt. An normalen Tagen gehen 30 bis 50 Mahlzeiten über den Tresen, sagt Bruder Besim, der mitarbeitet. "Die meisten Gäste sind Rentner, aber es kommen auch Firmen." An einem Tisch sitzen drei Damen ins Gespräch vertieft. Brigitte Schneider ist eine von ihnen, sie leitet eine Gymnastik-Gruppe, "danach sitzen wir hier immer noch bei einem Kaffee". Auch sie mag die offene Atmosphäre im Haus, ebenso wie Ilse Tretter daneben. Sie lobt die Leseecke, "da kann man Bücher oder CDs hinlegen und andere mitnehmen".

An diesem Nachmittag ist nur der kleine Saal belegt, vier Männer und drei Frauen bekleben Säulen und Blumentöpfe mit Mosaiksteinchen. Die Idee zur Gruppe hatte Margret Lösch, die Frau des früheren Bürgermeisters. "Wir wollten etwas für die Flüchtlinge anbieten, Integration nicht nur fordern, sondern auch die Möglichkeit dazu bieten", sagt sie. Zwei junge Nigerianer sind immer noch dabei, obwohl sie nach Hallbergmoos verlegt wurden. Beim Christkindlmarkt am zweiten Advent hofft Margret Lösch einige Kunstwerke zu verkaufen, für einen guten Zweck.

Nur eitel Sonnenschein herrscht freilich auch im ASZ nicht. Die ambulante Pflege macht Sorgen, ein weiteres Standbein des Hauses. Derzeit betreut man knapp 40 Kunden, von der Hilfe beim Waschen, im Haushalt, bis zur Medikamentenausgabe. Die Nachfrage ist groß, doch das Personal fehlt. Vielleicht zeigen ja die generationenübergreifenden Projekte im ASZ neue Lösungswege auf: Es gibt auch eine Gruppe von Schulpaten, die sich um Mittelschüler kümmert. Im Gegenzug bieten diese immer wieder Handysprechstunden für Senioren an.

© SZ vom 16.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: