Vortrag:Sanfte Revolution in Moosburg

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1918 bildete sich in der Stadt zwar ein Arbeiter- und Soldatenrat, der sorgte aber vor allem für Ruhe und Sicherheit

Von Karlheinz Jessensky, Moosburg

Vor hundert Jahren, am 7. November 1918, geschah in Bayern etwas, das für königstreue Bayern undenkbar war: Es fand eine Revolution statt, und König Ludwig III. wurde zur Abdankung gezwungen. Es war die erste von vier Revolutionen, und am Ende war Bayern ein Freistaat. Am Jahrestag setzte sich Dominik Reither, Jurist, Staatsanwalt in Landshut und promovierter Historiker, dem die Geschichte seiner Heimat zur Leidenschaft geworden ist, in einem gut besuchten Vortrag im Moosburger Pfarrheim auseinander.

Am 7. November waren Demonstran-ten durch die Innenstadt Münchens gezogen, "nieder mit Ludwig, nieder mit den Wittelsbachern." Am Nachmittag zuvor hatte es große Friedenskundgebungen gegeben, mit dem Ziel, den Ersten Weltkrieg zu beenden. Unter Führung von Ministerpräsident Kurt Eisner zogen auch mehr als 2000 Soldaten ins Kasernenviertel. Ein Arbeiter- und Soldatenrat unter Eisner proklamierte im Landtag die Republik Bayern, die erste Revolution Deutschlands hatte stattgefunden, und nach 738 Jahren endete die Herrschaft der Wittelsbacher.

Auch in Moosburg, wie im gesamten nördlichen Oberbayern, war die Stimmung im Sommer 1918 gekippt. Im Oktober berichtete der Bezirksamtmann von Freising, dass jedermann froh wäre, wenn der Krieg bald zu Ende ginge. Frontsoldaten auf Heimaturlaub klagten über die schlechte Verpflegung, darüber, dass Rationen von Offizieren und Unteroffizieren abgezweigt würden, sie klagten über den Zustand der Pferde. Ein Indiz für die veränderte Stimmungslage war auch die Berichterstattung in der Moosburger Zeitung. Bis in den Herbst 1918 hatte die Zeitung Maßnahmen der bayerischen Regierung und Verwaltung kaum kritisiert. Dies änderte sich nun. Revolutionäre Stimmung lag aber in Moosburg nicht in der Luft.

Während in München die Revolution stattfand, erfolgte in Moosburg am 7. November 1918 zwischen 14 und 16 Uhr die Auszahlung der ersten Hälfte der Familienunterstützung für November, die um fünf Mark erhöht worden war. Auch in der Ausgabe vom 9. November war die Revolution noch kein Thema. Erst unter den letzten Nachrichten kamen Hinweise auf die revolutionären Ereignisse. Unter der Rubrik "letztes Telegramm" druckte die MZ das Manifest des Münchener Arbeiter- und Soldatenrates ab. Unter anderem hieß es: "Zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit arbeitet von heute an das gesamte Polizei- und Sicherheitspersonal im Auftrag und unter Kontrolle des Arbeiter- und Soldatenrates. Den Anordnungen dieser Organe ist unbedingt Folge zu leisten." Auch in Freising hatte sich ein Arbeiter und Soldatenrat gebildet, der auch die Geschäfte in der Kaserne ohne Probleme übernommen hatte. Im Laufe des Novembers folgten weitere, so in Mainburg und Vilsbiburg. Der Moosburger Arbeiterrat wurde am 25. November im Gasthaus Andräbräu gewählt. Der Rat hatte sechs Mitglieder und setzte sich, gemäß den Vorgaben des Innenministeriums, dafür ein, Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu gewährleisten und die Verbindung zwischen Volk und Verwaltung aufrechtzuerhalten. Die MZ schrieb am 12. November: "Die großen politischen Ereignisse dieser Tage wurden hier mit Ruhe und Gelassenheit hingenommen. Es kam nicht zu Krawallen und Plünderungen. Die Einwohner- und Arbeiterschaft findet sich mit den vollzogenen Tatsachen ab, fügt sich den Anordnungen der neuen Regierung und hält die gebotene Disziplin aufrecht. Wir alle wünschen nur den endlichen Frieden und geordnete Verhältnisse in Stadt und Land". Am 23. Dezember fand in der Gaststätte Staudinger eine Versammlung zur Wahl eines Bauernrates statt. Er umfasste zwölf Mitglieder, von denen sieben Arbeiter- und fünf Bauernräte waren. Am 13. April übernahm die KPD in München die Macht, aus der Räterepublik wurde die kommunistische Räterepublik. Diese stellte eine Rote Armee auf, nahm mindestens 30 Personen aus dem Bürgertum als Geiseln und beschlagnahmte bei zahlreichen Hausdurchsuchungen Waren.

Am 21.02.1919 wurde Kurt Eisner in München ermordet. Die MZ meldete am 25.02.1919, dass der Mord in Moosburg große Empörung ausgelöst habe, das Ereignis sei auf den Straßen in Gruppen diskutiert worden, die Lage sei aber ruhig geblieben. Es übernahmen Zentralorgane der Arbeiter-, Bauern- und Soldatenräte die Macht, die "Zweite Revolution" in Bayern. Die nachfolgende Räterepublik war dann die dritte. Mit der Übernahme der Macht durch die KPD am 13. April begann die vierte. Die Kämpfe zwischen Roten und Weißen Truppen berührten Moosburg nur am Rande.

© SZ vom 16.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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