Vortrag des Heimat- und Geschichtsvereins:Mit dem Schwert zerteilt

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Auch in Neufahrn und Massenhausen haben die Grauen des Dreißigjährigen Kriegs die Menschen schwer getroffen

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Rote Kreise markieren das Verderben. Auf der Kopie eines Ortsplanes aus dem 17. Jahrhundert hat die Mintrachinger Volkskundlerin Brigitte Holzner die Gebäude eingekringelt, die damals schwer beschädigt wurden. Wie es den Menschen in Neufahrn und Massenhausen vermutlich ergangen ist, lassen Aufzeichnungen aus dem gleichen Zeitraum in Massenhausen und Umgebung erahnen. Sie wurden erschossen, "mit dem Schwert zerteilt", "durch Schläge getötet" oder "verschieden misshandelt" - laut Brigitte Holzner ein Hinweis auf Vergewaltigungen. Der Dreißigjährige Krieg hat auch die Menschen im südlichen Landkreis schwer getroffen. Das wurde bei einer Veranstaltung des Heimat- und Geschichtsvereins deutlich.

Mit dem Prager Fenstersturz vor 400 Jahren hatte der grausame Krieg begonnen, der nur scheinbar eine Auseinandersetzung zwischen Protestanten und Katholiken war: "In Wirklichkeit ging es um die Macht in Mitteleuropa und um die Stellung der Fürstenhäuser", erläutert Vorsitzender Ernest Lang. 1632 besetzte der Schwedenkönig Gustaf Adolf mit seinem Söldnerheer Freising und zog dann die Isar entlang nach München weiter. Fürstbischof Veit Adam war ebenso geflohen wie der bairische Kurfürst Maximilian mit seinem Hofstaat. Die vielen Tausend Söldner plünderten und zerstörten die Dörfer, vernichteten die Ernte, requirierten das Vieh, quälten und töteten die Bevölkerung, wie der Historiker Lukas Wollscheid sagte. Die Söldner brachten zudem die Pest ins Land, die sich gerade dort schnell verbreitete, wo Flüchtlinge Schutz gesucht hatten, etwa im Massenhausener Schloss. 1646 fielen die Schweden noch einmal in Freising ein.

Die Spurensuche speziell in Neufahrn und Mintraching ist nicht einfach: Die Orte gehörten früher zur Pfarrei Eching, und der dortige Pfarrhof ist 1863 samt den bestimmt vorhandenen Aufzeichnungen aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges abgebrannt. Brigitte Holzner hat sich deshalb durch andere Quellen - Steuerbücher in der Bayerischen Staatsbibliothek - durchgearbeitet. So stieß sie etwa auf Hinweise, wo ein Hof "ganz abbrannt" ist, oder größere Reparaturen nötig waren, was Rückschlüsse auf Zerstörungen zulässt. Dass Veit Adam während des Krieges dreimal eine Wallfahrt zur Wilgefortis-Kirche in Neufahrn unternommen hat, weiß Ernest Lang aus Archivalen des Ordinariats. Als einziges Gotteshaus in der Gegend soll die auch nicht angezündet worden sein. Es heißt, die Schweden hätten sich im Nebel verirrt und die Kirche nicht gefunden.

© SZ vom 20.11.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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