Vorerst nur Schiebehilfe:Provisorium mit langer Wirkung

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Eine verbreiterte Kinderwagenspur auf einem Blechprofil gilt als "familienfreundliche Sofortmaßnahme". (Foto: Marco Einfeldt)

Der behindertengerechte Ausbau der Fußgängerunterführung am ehemaligen Bahnposten 15 gilt als wichtiger Teil der Freisinger Innenstadtkonzeption. Schon 2016 wollte man damit fertig sein. Das wird wohl nichts mehr.

Von Kerstin Vogel, Freising

Nutzer der Fußgängerunterführung am ehemaligen Bahnposten 15 haben es schon gesehen, einige haben es auch schon kritisiert: Wer den Tunnel zwischen Erdinger Straße und Heiliggeistgasse mit Kinderwagen oder Fahrrad passiert, kann seit Anfang des Monats eine neue Schiebehilfe nutzen. Mit der verbreiterten Kinderwagenspur auf einem Blechprofil soll "den aktuellen Anforderungen flexibler entsprochen werden", wie es auf der Homepage der Stadt Freising heißt.

Gefeiert wird das dort als "familienfreundliche Sofortmaßnahme", doch die Freisinger müssen sich möglicherweise darauf einstellen, dass ihnen dieses Provisorium länger erhalten bleibt. Denn der eigentlich geplante, behindertengerechte Um- und Ausbau der Unterführung, wichtiger Bestandteil der neuen Freisinger Innenstadtkonzeption, lässt auf sich warten. Im Haushalt der Stadt für 2016 sind lediglich 650 000 Euro eingeplant, das ist in etwa dieselbe Summe, die in den vergangenen Jahren schon für die Planung des Projektes reserviert wurde. Noch einmal 650 000 Euro finden sich für 2017 in der längerfristigen Finanzplanung, danach aber steht dort eine Null. Das Problem: Für den Neubau der Unterführung gibt es aktuell zwei Planungsvarianten. Die eine liegt nordöstlich der Brücke, ist kompliziert zu bauen und sehr teuer. Die andere ist direkter und daher etwas günstiger, hier konnte allerdings der notwendige Grunderwerb noch nicht getätigt werde. Eine weitere Verhandlungsrunde steht noch an, bevor der Planungsausschuss im Januar eine Entscheidung treffen kann.

Die Verzögerung ist unter anderem deshalb ärgerlich, weil mehr als eine Partei die Verbesserung dieser wichtigen Verbindung zwischen der Innenstadt und dem Stadtteil Lerchenfeld in vergangenen Wahlkämpfen stets als bald umzusetzendes Ziel und "Projekt für die Bürger" formuliert hatte - und weil es eigentlich sogar schon eine recht weit gediehene Planung dazu gab. Zwar war diese sogar aus einer Machbarkeitsstudie entwickelt worden, trotzdem wurde sie im Mai 2014 von der Stadtverwaltung kassiert. Die gewählte Variante der Planung hatte vor allem auf der Lerchenfelder Seite eine sehr lange, flache Rampe vorgesehen - die aber kollidierte mit einem Bauvorhaben des Vermessungsamtes an der Erdinger Straße. Zudem hatten weitere Untersuchungen Zweifel an der tatsächlichen Barrierefreiheit des geplanten Umbaus zutage gefördert, die geplante S-Form der Unterführung erschien auf einmal zu gefährlich.

Seither sucht man in der Stadtverwaltung nach einer umsetzbaren Lösung, denn die Anforderungen an die neue Unterführung sind einigermaßen hoch: Es gilt Bahnlinie und Moosacharm zu unterqueren, das Bauwerk soll komplett barrierefrei sein und allen Ansprüchen an die Sicherheit genügen - planerisch schwer umzusetzen. Das von Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher im Januar 2015 formulierte Ziel, den Umbau 2016 abschließen zu können, ist auf jeden Fall hinfällig, selbst bei ganz optimistischer Schätzung dürfte mit einem Spatenstich nun frühestens 2017 zu rechnen sein - immer vorausgesetzt, die Stadt hat dann auch das Geld für das mehrere Millionen teure Projekt.

Bis dahin müssen die Blechprofile reichen, um wenigstens für Mütter mit Kinderwagen und Radler Abhilfe zu schaffen. Dass diese 5000 Euro teure Maßnahme nicht der Weisheit letzter Schluss ist, hat die Stadt allerdings schon erfahren: Im sozialen Netzwerk Facebook gab es so viele kritische Kommentare zu den Blechprofilen, dass man sich gezwungen sah, weitere Erklärungen zum geplanten Umbau nachzuschieben. Von einem Baubeginn, geschweige denn einem Fertigstellungstermin ist auch da keine Rede.

© SZ vom 09.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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