Es war ein Zufall, der Sandra Morawitz im Juli 2005 an die Startlinie für ihren ersten Triathlon brachte. "Wir waren mit unserer kleinen, knapp zweijährigen Tochter Zuhause, im Hintergrund lief Radio Gong", erinnert sich die 42-Jährige schmunzelnd. "Dort haben sie noch zwei Startplätze für den München-Triathlon am nächsten Tag verlost." Ihr Mann ging in die Küche und griff zum Hörer. Plötzlich hörte Morawitz ihn sagen: "Ich würde gerne meine Frau anmelden." Gesagt, getan. Die gebürtige Sächsin hatte einen Startplatz für den folgenden Morgen. In Eile musste ein Fahrradhelm besorgt werden, weil sie keinen Einteiler hatte, startete sie in Badeanzug und T-Shirt.
"Entweder man sagt nach so etwas: Das mache ich nie wieder. Oder einen packt der Ehrgeiz", sagt Morawitz. Heute, mehr als 14 Jahre später, kann sie nicht mehr genau sagen, bei wie vielen Rennen sie gestartet ist. Neben Triathlon hat sie auch den Duathlon für sich entdeckt. Mit Erfolg: Ende April ist Morawitz bei der Weltmeisterschaft in Spanien Vierte in der Kurzdistanz geworden, drei Wochen später Europameisterin über die Mitteldistanz (20 Kilometer Laufen, 60 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Laufen). "Das war in Norwegen, bei zwei Grad und Schnee. Ich habe nicht damit gerechnet, zu gewinnen", sagt die 42-Jährige, die seit vielen Jahren in Hallbergmoos lebt. "Als mir mein Mann beim zweiten Laufen sagte, dass ich Erste bin, konnte ich die letzte Runde im Schnee so richtig genießen." Eigentlich wäre Morawitz dieses Wochenende bei der Duathlon-Weltmeisterschaft in der Schweiz gestartet, über die Langdistanz: Zehn Kilometer Laufen, 150 Kilometer Radfahren, 30 Kilometer Laufen. "Aber ich habe eine Entzündung im Fuß. Die achteinhalb Stunden, die der Duathlongedauert hätte, wären zu viel gewesen", bemerkt Morawitz geknickt.
Fast hätte ihre Triathlonkarriere schon etwa 24 Jahre früher angefangen. "Mit 18 oder 19 bin ich mal zu einem Start hingefahren, um mich anzumelden", sagt sie. "Dann habe ich mich aber nicht getraut und bin einfach wieder heimgefahren." Sportbegeistert war sie schon immer: In ihrer Jugend hat die 42-Jährige Leichtathletik gemacht und Tennis gespielt, auch Schwimmen war sie gerne. Wobei das Schwimmen bis heute ihre schlechteste Disziplin sei. "Deswegen ist Duathlon auch perfekt für mich." Trotzdem startet sie weiter im Triathlon, zweimal die Woche geht sie Schwimmen. Insgesamt trainiert Morawitz mindestens sechs Mal pro Woche, im Idealfall zwei Mal Laufen, zwei Mal Fahrrad, zwei Mall Schwimmen - und das alles in Eigenregie. "Ich starte bei Wettkämpfen zwar für den ASK München Süd, aber das ist für die Startlizenz. Als Triathlet trainiert man für sich", sagt sie. Dafür brauche es Selbstdisziplin und viel Verständnis von der Familie. "Die meisten Termine müssen um mein Training herum geplant werden", gibt Morawitz zu. Auch finanziell muss die Triathletin fast alles aus der eigenen Tasche zahlen. "Das sind bestimmt 5000 Euro, die da im Jahr zusammenkommen - für Fahrrad, Schuhe, Kleidung." Einzig die Firma "ALs Auto Neufahrn" unterstützt Morawitz gelegentlich. Trotzdem steht ihre Familie voll hinter ihr und fährt zu jedem Wettkampf mit, auch ihre Tochter. Außer natürlich, sie hat selbst ein Baseballspiel. Denn sportlich steht Lara Morawitz ihrer Mutter in nichts nach: Sie spielt bei den "Red Lions" in Schwaig, macht Badminton, Bogenschießen und Leichtathletik. Triathlon steht bisher noch nicht auf dem Plan.
Ob ihre Mutter währenddessen schon ans Aufhören denkt? "Niemals", so die klare Antwort. "Ich habe beim Duathlon mal eine 83-jährige Nonne gesehen. Das inspiriert." Auch nach einem schweren Fahrradsturz, bei dem sich Morawitz zwei Rippen brach, habe sie sich nur gefragt: "Wie komme ich schnell wieder rein?" Und ihr bisher schönstes Erlebnis? "2012 bin ich auf Hawaii gelaufen, die Halbdistanz vom Ironman. Der Traum jedes Triathleten. Dort zu starten, hat was Mystisches." Tochter Lara schüttelt energisch den Kopf: "Alles schön und gut, aber dein größter Erfolg war beim Rutschen!" Sandra Morawitz lacht. Und tatsächlich: Die 42-Jährige hält, zusammen mit anderen, mehrere Weltrekorde im Distanzrutschen, über vier, sechs und 24 Stunden. Bis heute gibt es davon ein Video auf Youtube. "Das war eine Aktion von Triathlonfreunden, sie haben mich zum Mitmachen überredet. Die Treppen zur Rutsche musste man jedes Mal hochlaufen", erinnert sie sich. "Nach dem ersten Mal habe ich gesagt, das mache ich nie wieder. Aber es war wie beim Triathlon: Mich hat der Ehrgeiz gepackt."