Viele Lehrstellen sind noch vakant:Die Jugend hat die Wahl

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Für die Unternehmen im Landkreis bleibt es schwierig, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Um auf sich aufmerksam zu machen, müssen Betriebe und Verbände mittlerweile einfallsreich sein.

Von Petra Schnirch, Freising

Für die Unternehmen im Landkreis bleibt es schwierig, ihre Ausbildungsplätze zu besetzen. Ende Juli waren noch 462 Stellen vakant. Zwar wird diese Zahl bis zum Start der meisten Ausbildungsverhältnisse Anfang September noch sinken. Die Arbeitsvermittler rechnen jedoch damit, dass wie im Vorjahr etwa 150 unbesetzt bleiben werden. Für die Jugendlichen bedeutet dies im Gegenzug, dass ihnen auch in diesem Jahr ein großes Angebot zur Verfügung steht. Auch wer spät dran ist und noch nichts gefunden hat, der hat noch Chancen.

In der Freisinger Agentur für Arbeit geht man davon aus, dass fast alle Bewerber, die für eine Ausbildung geeignet sind, bis zum Herbst versorgt sein werden, wie Pressesprecherin Christine Schöps sagt. Seit Beginn des Berufsberatungsjahres im Oktober 2017 haben sich 990 Bewerber in der Behörde gemeldet, 182 waren im Juli noch auf der Suche. Im Vorjahr hatten letztendlich bis auf 14 Jugendliche alle einen Ausbildungsplatz gefunden.

Der Lehrlingsmangel ziehe sich durch alle Branchen, sagt Markus Studener, Prokurist der Kozljanic GmbH, einer Spedition mit Standorten in Hallbergmoos und Eching. Das wisse er aus Gesprächen mit seinen Kunden. Nicht besser ist die Situation im Handwerk. "Angesichts voller Auftragsbücher ist der Nachwuchs- und Fachkräftemangel derzeit die größte Wachstumsbremse", sagt Kreishandwerksmeister Martin Reiter. Auch nach Beginn des Ausbildungsjahres würden die Betriebe weiter für eine Lehre in diesem Wirtschaftsbereich werben. Im Handwerk sind im Landkreis bisher 201 Lehrverträge unterschrieben worden, zum gleichen Zeitpunkt des Vorjahres waren es 188.

"Es wird von Jahr zu Jahr schwieriger", bilanziert Markus Studener. Die Kozljanic GmbH bietet Ausbildungen zum Speditionskaufmann/-kauffrau und zur Fachkraft für Lagerlogistik an. Drei Stellen hätte er im Herbst gern besetzt, eine konnte bisher vergeben werden. Noten sind dabei für ihn nicht alles, wie er sagt. Entscheidend sei das persönliche Gespräch. Auch Bewerber mit gewissen Defiziten bekommen laut Studener eine Chance. Das Unternehmen bietet in Zusammenarbeit mit der Arbeitsagentur ein Einstiegsqualifizierungsjahr an, bei dem die Jugendlichen auf Ausbildung und Berufsschule vorbereitet werden: "Wir haben damit gute Erfahrungen gemacht." Laut Schöps gibt es ein ganzes Paket an Maßnahmen, um Arbeitgeber hier zu unterstützen, so können beispielsweise Nachhilfestunden mitfinanziert werden.

Um auf sich aufmerksam zu machen, müssen Betriebe und Verbände mittlerweile einfallsreich sein. Das Unternehmen sei in den sozialen Netzwerken aktiv und beteilige sich an Ausbildungsmessen und -veranstaltungen, schildert Studener. Eigentlich würde er auch gern Aushänge an den Schwarzen Brettern der Schulen machen, mit diesem Vorstoß allerdings sei er gescheitert.

Sehr rührig ist seit Jahren auch das Handwerk. Mit seinen Kampagnen sei es sehr präsent, sagt Christine Schöps. Daran komme man kaum vorbei. Wichtig sei, dass ein Unternehmen den jungen Leuten bekannt sei. "Wer sich besser positioniert hat, der hat die Nase vorn." Da die Jugendlichen gut vernetzt sind, spreche sich das herum.

Wenn es darum geht, einzelne Berufsbilder bekannter zu machen, unterstützt die Arbeitsagentur die Unternehmen. Schöps hat ein Beispiel parat: Viele glaubten noch immer, dass man als Fachkraft für Lagerlogistik vor allem Kisten schleppen muss. Doch Lager seien heutzutage "hoch technisierte Betriebsstätten". Kleinere Betriebe hätte oft mehr Schwierigkeiten, Azubis zu finden, vor allem wenn sie mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum zu erreichen sind.

Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) macht noch ein anderes Problem aus: Georg Schneider, Geschäftsführer der Region Rosenheim-Oberbayern, bezeichnet es als "Unsitte", dass es trotz Hochkonjunktur so viele Befristungen gebe. Besonders betroffen seien Berufseinsteiger. "Wer nach der Ausbildung nur einen Vertrag auf Zeit anbietet, der muss sich nicht wundern, dass sich Schulabgänger woanders umsehen." Solche "Arbeitsplätze mit Verfallsdatum" seien vor allem in der Nahrungs- und Genussmittelbranche verbreitet.

© SZ vom 25.08.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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