Flüchtlinge aus der Ukraine:Helfer und Behörden kommen oft an ihre Grenzen

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Wohin? Etwa eine Million Geflüchtete aus der Ukraine sind inzwischen in Deutschland registriert. Ein großer Teil ist privat untergekommen. (Foto: Stefan Puchner/DPA)

Derzeit leben gut 1700 aus der Ukraine geflüchtete Menschen im Landkreis Freising. Mittlerweile sind die alltäglichen Probleme wie psychische Belastungen, Krankheiten, Alkoholmissbrauch und Sucht, innerfamiliäre Spannungen und die Sorge um zurückgebliebene Verwandte die großen Themen. Und es fehlen Unterkünfte.

Von Gudrun Regelein, Freising

Vor gut sechs Monaten, am 24. Februar, startete der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Seitdem sind etwa 180 000 Menschen aus dem Land nach Bayern geflüchtet, aktuell steigt ihre Zahl wieder. Im Landkreis Freising sind derzeit (Stand 7. September) 1741 Geflüchtete aus der Ukraine untergebracht. Die meisten von ihnen sind Frauen (45 Prozent) und Kinder (37 Prozent). Der Großteil der Geflüchteten, etwa 1300 Menschen, wohnt in privaten Unterkünften, etwa 400 leben in den momentan 46 Unterkünften des Landkreises.

"Der Landkreis betreibt weiterhin die Akquise von zusätzlichen Unterbringungsmöglichkeiten, um auch zukünftig den Zuweisungen von Geflüchteten und Asylbewerbern seitens der Regierung von Oberbayern gerecht werden zu können", sagt Susanne Zottmann, persönliche Referentin von Landrat Helmut Petz. Das sei derzeit das "ganz große Thema". Seit der Invasion Russlands in die Ukraine habe das Landratsamt bereits 22 zusätzliche Unterkünfte mit 272 Plätzen geschaffen. So auch erst vor Kurzem eine Erstaufnahmeeinrichtung für 50 Menschen in Nandlstadt.

Die Helferstruktur ist stark beansprucht

Die Betreuung der Geflüchteten und Asylbewerber leisten neben dem Fachpersonal des Landkreises viele engagierte ehrenamtliche Helfer und die Flüchtlingsberatungsstellen von Diakonie, Caritas und In Via, berichtet Zottmann. Nach der ersten Ankommens- und Orientierungsphase seien nun zunehmend die alltäglichen Probleme der Geflüchteten, wie psychische Belastungen, Krankheiten, Alkoholmissbrauch und Sucht, innerfamiliäre Spannungen und die Sorge um zurückgebliebene Verwandte, die großen Themen.

Der Krieg in der Ukraine und der Strom an Geflüchteten beanspruche die Helferstruktur im Landkreis Freising seit April 2022, sagt Susanne Zottmann. Der Aufbau von Notunterkünften, die Registrierung und Betreuung der Geflüchteten belasteten zusätzlich zum Alltagsgeschäft verschiedene Ämter des Landkreises sehr stark. "Vereinzelt kamen und kommen ehrenamtliche Helfer, aber auch Behörden trotz inzwischen personeller Aufstockung massiv an ihre Grenzen." Zuletzt sei das beim finanziellen Übergang von der Asylverwaltung an das Jobcenter Anfang Juni so gewesen. "Dieser Übergang hat alle Beteiligten in den jeweiligen Verwaltungen an die Belastungsgrenzen gebracht", sagt Zottmann. Seit Anfang September entspanne sich die Situation nun wieder, zumindest für das Sozialamt Asyl im Landratsamt sei das Thema nun abgeschlossen. Zahlungen an die Geflüchteten aus der Ukraine nämlich wurden nur bis Ende August geleistet.

Die Verständigung war ein großes Problem

Zu Bernhard Campe von der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas Freising kommen sukzessive immer mehr aus der Ukraine geflüchtete Menschen. Zwei bis drei sind es jede Woche, berichtet er. Tendenz steigend, wahrscheinlich habe sich inzwischen herumgesprochen, dass es dieses Angebot gibt, sagt Campe. Vermutlich seien die Menschen aus der Ukraine, die hier im Landkreis leben, auf den sozialen Medien untereinander gut vernetzt und würden sich gegenseitig Tipps geben, wo es Hilfe gebe. In den vergangenen Monaten sei die Verständigung in der Beratung ein großes Problem gewesen, denn die meisten der Klientinnen und Klienten aus der Ukraine sprechen nur russisch, die wenigstens englisch. "Seit September haben wir in der Beratungsstelle eine Kollegin, die russisch und ukrainisch spricht, das hilft uns sehr weiter."

Ganz zu Beginn fragten die meisten Klienten aus der Ukraine noch nach Tafelausweisen, mittlerweile gehe es um andere Themen, berichtet der Berater. "Die allermeisten kommen inzwischen wegen finanzieller Sorgen, das Geld reicht nicht aus - wenn beispielsweise Medikamente gekauft werden müssen, ist das nur schwer finanzierbar." Daneben gehe es um die Unterstützung beim Ausfüllen von verschiedenen Anträgen. Anderes Thema ist die Wohnungssuche, aber hier kann Campe angesichts des leergefegten Wohnungsmarkt kaum helfen. Oft habe er den Eindruck, sagt er, dass die Menschen aus der Ukraine eine andere Vorstellung von einem Leben in Deutschland hatten, sie hätten oftmals Erwartungen, die er nicht erfüllen könne.

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