Neue Aufgabe für die Jobcenter:Ein großer Kraftakt

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Für die Jobcenter ist die Umstellung eine große Belastung, doch die Erdinger Geschäftsführerin Monja Rohwer geht davon aus, dass die Anträge der Geflüchteten rechtzeitig bearbeitet werden können. (Foto: Renate Schmidt)

Von Juni an haben geflüchtete Menschen aus der Ukraine Anspruch auf staatliche Grundsicherung, die Bearbeitung funktioniert überwiegend reibungslos.

Von Gudrun Regelein, Erding/Freising

Von Juni an haben geflüchtete Menschen aus der Ukraine Anspruch auf staatliche Grundsicherung nach dem Sozialgesetzbuch II. Dann sind die Jobcenter für sie zuständig. Derzeit erhalten sie noch Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. In München ist schon jetzt absehbar, dass es wohl nicht klappen wird, alle dort lebenden Kriegsflüchtlinge in das System zu überführen. Das hat mit ihrer hohen Zahl zu tun - und mit der notwendigen Erteilung von Aufenthaltstiteln: etwa 5000 habe die Behörde zwar schon erteilt, aber 9000 stünden noch aus, sagte vor Kurzem Sozialreferentin Dorothee Schiwy. In den Landkreisen Erding und Freising dagegen sieht man dem Stichtag relativ gelassen entgegen.

Im Landkreis Erding leben derzeit (Stand 25. Mai) 1083 aus der Ukraine geflüchtete Menschen - darunter 469 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Stand 20. Mai hatten 692 bereits eine Aufenthaltsgenehmigung, heißt es aus dem Landratsamt Erding. "Nicht alle der Geflüchteten aber werden einen Antrag stellen, nicht alle sind hilfsbedürftig", sagt Monja Rohwer, Geschäftsführerin des Jobcenter Aruso Erding. Sie rechnet mit 350, maximal 400 Fällen. Ein Fall sei eine Bedarfsgemeinschaft, erklärt sie, umfasse zumeist mehrere Personen - also beispielsweise die Mutter mit ihren Kindern. Derzeit sind es gut 100 Anträge, die gestellt wurden.

Das digitale Angebot wird gut genutzt

Schon seit einiger Zeit werden im Jobcenter Beratungen für die Geflüchteten angeboten, die gut wahrgenommen werden, berichtet Rohwer. Daneben gibt es ein digitales Angebot, mit dem sie bei der Antragstellung unterstützt werden. "Das ist für viele unkomplizierter, da sie das auch von Zuhause aus machen können", sagt Rohwer. Bei diesen Meetings werde eine große Zahl erreicht. Auch an diesem Nachmittag wird die Geschäftsführerin wieder die Fragen von etwa 40 zugeschalteten Ukrainerinnen und Ukrainern beantworten. Dabei sind auch zwei deutsch sprechende Flüchtlinge, die dolmetschen.

Natürlich bedeute dies alles für die Jobcenter eine hohe Belastung, sagt Rohwer. "Wir müssen priorisieren, anderes wird liegenbleiben müssen." Die Kapazitäten wurden umgesteuert, jeder Mitarbeiter helfe mit. Die Prüfung der Fälle sei zwar rechtlich relativ einfach, aber der Erfassungsaufwand sei groß. Die geflüchteten Menschen müssten erst ein Konto eröffnen - weil nicht bar ausgezahlt wird - und eine deutsche Krankenkasse auswählen, bevor der Antrag bewilligt werden könne.

Im Notfall springt das Landratsamt ein

Dennoch ist sich Rohwer relativ sicher, dass bis zum Stichtag Anfang Juni auch alle bisher gestellten Anträge bearbeitet werden können - und die Menschen ihr Geld bekommen. Falls das nicht klappen sollte, übernehme im Notfall das Landratsamt die Auszahlung, die dann vom Jobcenter erstattet werde. "Auch in Zeiten von Corona ist bei uns eine große Zahl neuer Fälle innerhalb kürzester Zeit dazugekommen. Wir haben das damals auch geschafft, mit auch nicht mehr Personal."

Es sei ein großer Kraftakt, sagt auch Freisings Landratsamtssprecher Robert Stangl. "Wir haben aus allen Bereichen im Jobcenter Personal zusammengezogen und versuchen, nun möglichst zeitnah über die Leistungsansprüche zu entscheiden." 1751 aus der Ukraine geflohene Menschen (Stand 23. Mai) sind derzeit im Landkreis registriert, sehr viele von ihnen - insgesamt 1705 - haben bereits eine Fiktionsbescheinigung erhalten. Dabei handele es sich um einen vorläufigen Aufenthaltstitel, der zwingend Voraussetzung ist, um Geld vom Jobcenter zu erhalten, erklärt Stangl. "Wir sind in der Hinsicht auf aktuellem Stand. Diejenigen, die noch keine Fiktionsbescheinigung haben, sind entweder gerade neu hinzugekommen oder es gibt noch Klärungsbedarf." Aktuell bestelle das Ausländeramt die Aufenthaltstitel bei der Bundesdruckerei.

An den Aufenthaltstiteln werde es also nicht liegen, wenn nicht alle ukrainischen Geflüchteten bis Juni in das neue System überführt werden können. Sondern eher daran, dass nicht alle Anträge zeitnah bearbeitet werden können, denn im Jobcenter herrscht Personalknappheit. Falls aber tatsächlich über mögliche Leistungsansprüche noch nicht entschieden sei, werde das Sachgebiet Asyl für den Monat Juni in Vorleistung gehen. "Damit soll eine möglichst nahtlose Leistungsgewährung sichergestellt werden."

Die Helferkreise haben informiert

Die Geflüchteten seien über die Helferkreise frühzeitig über den bevorstehenden Wechsel informiert worden, berichtet Stangl. In den vergangenen Tagen gab es bereits in verschiedenen Gemeinden Infoveranstaltungen, die sehr nachgefragt waren. "Zur Halbzeit kann man bereits von einem Erfolg sprechen", sagt Stangl. In acht Gruppenveranstaltungen fanden etwa 360 Einzelberatungen statt und die Antragsunterlagen wurden verteilt.

Bereits etwa 190 Leistungsanträge von Bedarfsgemeinschaften wurden danach entgegengenommen. Zudem wurde seit Wochen jede eingehende E-Mail beim Sachgebiet Asyl und Flüchtlingsmanagement mit einem Hinweis auf die Änderung und den dringend notwendigen Antrag im Jobcenter beantwortet.

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