Überall Kunst:Ganz neue Einblicke

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Beim ersten "Offenen Atelier" in Neufahrn kann man Künstlern ein Wochenende lang über die Schulter schauen

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Ines Seidel fädelt ein Buch auf. Seite für Seite reißt sie in Streifen, die sie zusammenfaltet und an langen Fäden aneinanderreiht. Mehrere Papierketten liegen schon zwischen den geöffneten Deckeln eines ausgemusterten Buches. Es ist ein ungewöhnliches Kunstwerk und entsteht vor den Augen einer Zuschauerin, die, Kaffeetasse in der Hand, am Arbeitstisch in der Glaswerkstatt stehen geblieben ist. "Toll, was sich in Neufahrn an Schätzen verbirgt - man erlebt den Ort mal aus einem ganz anderen Blickwinkel," freut sie sich: "Das ist nicht wie im Museum, sondern viel schöner." Eine neue Perspektive bietet sich auch für Iris König-Decker, die an diesem Tag auch in der Glaswerkstatt arbeitet, wenn auch an ihren Bildern. Den ganzen Tag war es ein Kommen und Gehen. "Es ist schön, unsere Glaserei mal wieder anders zu erleben", sagt sie.

Andere entdecken ebenfalls Räume ganz neu: "Hier war ich noch nie", stellt eine Besucherin im Vhs-Gesundheitsraum fest. Von dort oben bietet sich ein fantastischer Blick durch die Bahnhofstraße in Richtung Alpen. Neun Künstler zeigen dort ihre Kunstwerke - viele Bilder, aber auch Holzskulpturen. "Herzlichen Dank für diesen Augenschmaus", ruft eine Frau zum Abschied, und ein Mann verspricht: "Ich werde gleich noch ein bisschen rumtelefonieren." Er spricht damit den vielleicht einzigen wunden Punkt an: Viele Künstler bedauern, dass für das "1. Offene Atelier Neufahrn" vom Kulturreferat zu wenig Werbung gemacht worden sei. Dann wären wohl noch mehr Besucher gekommen. Im Fall der Künstler am Marktplatz hatte sich auch noch kurzfristig eine Raumänderung ergeben. "Uns hätte man gar nicht gefunden, wenn ich nicht draußen noch ein paar Plakate angebracht hätte", erzählt Eddy Kuchinka, der seine Malereien mit Motiven aus der afrikanischen Tierwelt präsentiert.

Insgesamt 24 Künstler an neun Standorten haben mitgemacht und Interessierten die Möglichkeit geboten, ihnen bei der Arbeit über die Schulter zu schauen und ins Gespräch zu kommen. Nicht zu übersehen: Hartmut Hattler, den viele durch seine Aquarell-Grußkarten mit Neufahrner Motiven kennen. Zum "Open-Air-Malen" am Rathaus wollte er eigentlich auch andere einladen. Die Resonanz war mehr als überschaubar, aber passive Kunstliebhaber hat auch er angelockt. Zum Beispiel die Neubürgerin, die begeistert seine bereits fertigen Werke studiert. "Neufahrn hat so viele schöne Seiten", stellt sie fest: "Und ich freue mich, weil ich so viel erkannt habe, obwohl ich noch gar nicht lange hier wohne."

Die schöne Seiten Neufahrns hat auch die Künstlerin Maja Jiranek gesucht - für eine Collage am Garagentor ihres Hauses im "Mintrachinger Feld". Die Franziskusstatue und das alte Mesnerhaus schimmern dort durch die Farben. In ihrem Atelier unter dem Dach blättern gerade Nachbarn durch Skizzenbücher: "Sehen tun wir uns auch so mal", schmunzeln sie, "aber heute kommen wir wegen der Bilder." Im Garten darf jeder an einem Bild mitmalen. Zum Glück spielt - gerade am Sonntag - das Wetter mit. Da hat auch Miriam DaSilva den Garten ihres Wohnhauses in Fürholzen zur Galerie gemacht. Mit dabei: Freisings OB Tobias Eschenbacher - zumindest als gemaltes Portrait. Auch in Mintraching gab es ein offenes "Atelier": die FCM-Sporthalle. Hans Fraunhofer gehörte zu den neun Künstlern dort, und er resümierte: "So was könnte man schon wieder machen.

© SZ vom 18.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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