Trittsicherer Granit aus dem Bayerischen Wald:Kugelgestrahlt und bockhart

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Das Material, das beim Umbau der Freisinger Innenstadt verwendet werden soll, haben die Mitglieder des Planungsausschusses am Mittwoch besichtigt. (Foto: Marco Einfeldt)

Für die neue Pflasterung der Innenstadt haben sich die Freisinger Stadträte ein ganzes Team von Experten geholt. Denn Stein ist nicht gleich Stein.

Von Kerstin Vogel, Freising

Wenn man den Freisinger in einigen Jahren fragen wird, auf was für Steinen er durch seine Stadt spaziert, dann wird er möglicherweise ein wenig dumm dreinschauen. Vielleicht wird er aber auch selbstbewusst und fachmännisch so etwas antworten wie: "Auf Granit mit Namen Berbinger, kugelgestrahlt und an manchen Stellen zusätzlich geflammt."

Als einen warmgrauen Stein wird dieser Freisinger die neue Pflasterung der Innenstadt dann beschreiben, mit gelben und rostenden Einschlüssen und als weitgehend naturbelassen. Die Freisingerin wiederum wird sich unter anderem darüber freuen, dass sie nun auch auf hohen Absätzen gefahrlos über den Marienplatz spazieren kann, weil ein Kriterium bei der Auswahl dieses Steins im Dezember 2015 dessen Trittsicherheit gewesen ist.

Orientiert am Siegerentwurf aus dem Realisierungswettbewerb für die Neugestaltung der Freisinger Innenstadt hatte sich seit Mitte November ein ganzes Team von Experten mit der Vorauswahl des Pflastermaterials beschäftigt, darunter Vertreter des siegreichen Architekturbüros "ST Raum A", des Freisinger Bauhofs, des Werbevereins Aktive City, sowie des Gestaltungs- und des Innenstadtbeirats. Außerdem dabei: der Behindertenbeauftragte der Stadt, ein Gutachter für barrierefreies Bauen und - nicht ganz unerwartet an dieser Stelle - ein Sachverständiger für Pflasterbau.

Zehn verschiedene Pflastervarianten waren ihnen am städtischen Bauhof vorgelegt worden - und wer bis dahin noch geglaubt hatte, ein Stein sei ein Stein, wurde schnell eines Besseren belehrt.

So galt es die physikalischen Eigenschaften ebenso zu prüfen wie Herkunft und Verfügbarkeit bis zum Jahr 2025. Die Pflegeeigenschaften wurden ermittelt und natürlich die Benutzbarkeit: Rutschfest sollte er sein, der Stein, aber auch nicht zu rau, weil sonst der Widerstand für Benutzer im Rollstuhl oder mit Rollator beispielsweise zu groß wäre. Heimisches Material wollte man zudem haben, möglichst aus dem Bayerwald, wie es am Mittwoch nun im Planungsausschuss des Stadtrats hieß. Dieses sei zwar "etwas teurer im Vergleich zu europäischem Material", räumte Landschaftsarchitekt Oliver Alten ein: "Das wird aber über die geringeren logistischen Kosten aufgefangen."

Vor der Sitzung hatten sich die Mitglieder des Ausschusses auch noch schnell zu Steinexperten fortbilden lassen. Auf dem Bauhof in Tuching durften sie Musterflächen mit besagtem Berbinger-Granit besichtigen, dem Stein, der sich in der Vorauswahl am Ende durchgesetzt hat. Verlegt werden soll er als 20 x 30 Zentimeter großes Pflaster oder in Platten mit einer Kantenlänge von 40 bis 80 Zentimetern - die zu wählenden Formate werden sich je nach Fläche unterscheiden - und der Marienplatz bekommt eine eher hellgraue Variante, weil er sich "subtil abheben soll", wie es hieß.

Seitens der Stadträte erwies sich noch auf dem Bauhof Charlotte Reitsam (Grüne) als eine Art Pflasterexpertin. "Der Stein ist bockhart, den kenne ich", sagte sie, die geplante Verfugung aber müsse "noch mit der Kehrmaschine getestet werden", so ihre Forderung.

Zurück im Rathaus mahnte Robert Weller (FW), den Marienplatz nicht zu hell zu pflastern, weil hier durch den Wochenmarkt schnell unschöne Verschmutzungen entstehen könnten. Ob man sich mit einer Entscheidung für den Berbinger wohl noch im Rahmen der Kostenschätzung bewege, wollte Grünen-Stadtrat Sebastian Habermeyer wissen. Immerhin 150 Euro pro Quadratmeter sollen Pflaster und Platten kosten - ohne Verlegung. Gut 30 000 Quadratmeter müssen neu ausgestattet werden. Was das Material angehe sei man im Kostenrahmen, bestätigte Alten, über den notwendigen Unterbau könne man noch keine Aussagen treffen. Beim Berbinger handele es sich jedoch "definitiv nicht um die Premiumklasse". Die Stadtbusse müsse das Pflaster aber aushalten können.

In der Folge entspann sich dann noch eine kurze Diskussion über die Frage, ob denn durch die Verwendung von Pflaster und Platten nun indirekt doch Fahrspuren in der Stadt gekennzeichnet werden sollten, was Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher leicht entnervt verneinte - bis sich Pflasterexpertin Reitsam noch einmal zu Wort meldete und den Kollegen Hoffnung machte. Sie erwarte einen "völlig neuen Raumeindruck und veredelte Fassaden durch den Granitstein", schwärmte sie - und fand offenbar Gehör. Der Ausschuss bestätigte die Vorauswahl des Berbinger-Granits am Ende einstimmig.

Damit sich alle Freisinger ein Bild davon machen können, soll eine etwa 50 bis 60 Quadratmeter große Musterfläche im Februar 2016 vor der Hypo-Vereinsbank ausgelegt werden. Nur falls in Zukunft mal jemand den Freisinger fragt, auf was er so herumspaziert.

© SZ vom 18.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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