Strafgefangenenlager :Tanz in den Baracken

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Eine Ausstellung im Moosburger Haus der Heimat zeigt von November an Fotografien zur Geschichte des Gefangenenlagers Stalag. Besonderes Augenmerk legen die Initiatoren auf die Entwicklung nach 1948

Von Clara Lipkowski, Moosburg

Das, was im Ausland oft als Geschichtsaufarbeitung hierzulande bewundert wird, entsteht nicht nur, weil der Staat Geld für Studien, Museen und Filme gibt. Manchmal entsteht sie, weil einige interessierte Menschen das einfach wichtig finden. In Moosburg sind das Martin Pschorr und Sebastian Grießl.

Sie haben gut 450 Fotos und Dokumente von Privatleuten und aus dem Stadtarchiv zusammengetragen, mit Zeitzeugen und Fachkundigen wie dem Chronisten Rudolf Doyscher gesprochen. Pschorr und der Stadthistoriker Dominik Reither haben Bilder ausgewählt und schriftlich kommentiert. Herausgekommen ist eine Ausstellung, die von November an im Haus der Heimat dauerhaft zu sehen sein wird: Etwa 70 Schwarz-Weiß-Fotografien und Dokumente visualisieren n drei Etappen die Geschichte des Kriegsgefangenenlagers Stalag (kurz für Stammlager). Von der Ankunft der ersten Kriegsgefangenen 1939, der Nutzung als Internierungslager nach 1945 für straffällige oder hochrangige Nationalsozialisten bis zur Schließung 1948 und der Zeit, als dort ein neues Stadtviertel entstand, die Neustadt.

Noch hängen in dem hellen Erdgeschossraum an der Hodschager Straße nur Papierkopien der Fotos, handschriftlich ist auf DIN A 4 Blättern notiert, welche Überschrift wo hin kommt. Wie die Besucher aber künftig ihre Arme hinter dem Rücken verschränken und konzentriert durch den Raum gehen, kann man sich schon jetzt vorstellen. Bis zur Eröffnung werden alle Fotos und Texte durch hochwertige Drucke auf Kunststoff-Platten ersetzt, die alten Glasvitrinen weggeräumt und vielleicht sogar eine kleine Sitzgelegenheit mit Kaffee und Kuchen geschaffen. Auch die Öffnungszeiten werden dann geklärt sein.

Die Fotos an den Wänden - darunter einige Luftbilder - zeigen die Lagerstruktur, die Internierten wurden nach Nationalitäten getrennt. "Gefangenschaft ist immer schlimm", sagt Pschorr, "aber Russen, Polen traf es besonders hart. Briten, Amerikaner hatten es vergleichsweise gut." Pschorr, Geschichts-, Sozialkundelehrer, Historiker, und Sebastian Grießl, Regisseur der Dokumentation "Stalag VII A", haben ein knappes Jahr investiert. Sie erarbeiteten Ideen, manche verwarfen sie. "Spezialthemen wie die Behandlung sowjetischer Gefangener konnten wir aus Platzmangel nicht mit reinnehmen", sagt Pschorr. Die Stadt aber gewannen sie für das Projekt. "Frau Bürgermeister" war schon da, so drückt es Pschorr aus. Anita Meinelt hat die finanziellen Mittel für die Materialien zugesichert.

Besonderes Augenmerk der Ausstellung liegt auf der Zeit nach 1948, das Lager war geschlossen, in den Baracken und in der Umgebung siedelten sich neue Bewohner an. Die Pius-Kirche wurde gebaut, später eine Schule, zwei Schuhfabriken nahmen den Betrieb auf, sogar eine Schokoladenfabrik, in Baracken eröffneten Wirtshäuser, tanzten Menschen auf Festen, der TSV Moosburg entstand. Am Ende des Rundgangs soll künftig ein Luftbild von heute hängen, quasi als Aha-Effekt. Die Stadt habe da eine Aufnahme, verrät Grießl. Er arbeitet parallel an einem Nachfolgefilm seiner Dokumentation, einem Film über das Schicksal der Heimatvertriebenen in Moosburg. Er soll Ende des Jahres fertig und Teil der Ausstellung werden .

Die Initiatoren suchen noch Fotos insbesondere für die Zeit nach 1948, als die Neustadt entstand. Wer noch Material hat, kann sich bei Martin Pschorr unter 0 87 61/33 07 18 melden.

© SZ vom 18.08.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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