Stadtrat Moosburg:"Nährboden für Politikverdrossenheit'

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Die Stadt Moosburg will die Haushaltsvorberatungen für 2021 wegen Corona nicht öffentlich führen. Das sorgt für Kritik

Von Alexander Kappen, Moosburg

Das Vorhaben der Stadt, die Haushaltsberatungen für 2021 aus Infektionsschutzgründen nicht öffentlich zu führen, hat Kritik bei Lokalpolitikern verschiedener Parteien hervorgerufen. Die Entscheidung sei "ein weiterer Nährboden für Politikverdrossenheit", schreibt die Moosburger FDP in einer Pressemitteilung. Grünen-Stadtrat Alfred Wagner stellte am Donnerstag den schriftlichen Antrag, neben der öffentlichen Finanzausschusssitzung am 7. Dezember auch die Haushaltsberatungen am 26. und 30. November der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

"Sitzungen des Stadtrates sind grundsätzlich öffentlich, sofern nicht besondere Gründe dem entgegenstehen", schreibt Wagner in seinem Antrag. Als dieser besondere Grund werde von der Verwaltung der Schutz vor Corona-Infektionen genannt. Dieser sei sehr wichtig, meint auch Wagner. "Dennoch ist bei jeder Maßnahme auch abzuwägen, ob das gleiche Ziel nicht mit milderen Mitteln erreicht werden kann." Zuletzt sei bei den Haushaltsberatungen regelmäßig nur die Presse anwesend gewesen. "An andere Zuhörende aus der Bürgerschaft kann ich mich nicht erinnern." Angesichts der Platzverhältnisse in der Stadthalle sei es unkritisch, "die Öffentlichkeit und vor allem die Presse zuzulassen". Man könne auch die Zahl der Zuhörerplätze beschränken. Gerade heuer seien öffentliche Beratungen wichtig: "Bei den zu erwartenden Einnahmeausfällen sollte die Öffentlichkeit auch darüber informiert werden können, wie wir Stadträte bei einzelnen Positionen des Haushalts diskutieren, abwägen und entscheiden."

Kritik an der Stadt gibt es auch von der Moosburger FDP, die sich selbst als "Verfechterin für maximale Transparenz in den Stadtrats- und Ausschusssitzungen", sieht. "Für alle, die sich für die Belange der Stadt interessieren wollen, ist die Entscheidung der Stadtverwaltung ein Schlag ins Gesicht", sagt der Ortsvorsitzende Matthias Spettmann. Philipp Fincke, FDP-Stadtrat und Digitalisierungsreferent, ist "maßlos enttäuscht. Noch vor ein paar Monaten war ich selbst in den Sitzungen eine Reihe weiter hinten gesessen und kann mich so sehr gut mit den fleißigen Stadtratssitzungsbesuchern identifizieren". Er habe das Gefühl, "dass das kommunalpolitische Interesse mehr behindert als gefördert werden soll". Er bringt als Alternative zu Sitzungen mit Publikum erneut Livestreams ins Spiel. "In einer ersten Umfrage unter den Stadträten zeigt sich auch, dass über 90 Prozent der Teilnehmer grundsätzlich für eine derartige Maßnahme sind", berichtet Fincke. "Der einzige, der mir sofort eine sehr forsche Absage erteilte, ist der Bürgermeister Josef Dollinger. Er ließ mich wissen, er stehe definitiv für keine Variante zur Verfügung und sieht das Thema somit direkt beerdigt."

Für Verwirrung sorgte auch die am Donnerstag verschickte Einladung zu einer öffentlichen Sitzung des Werkausschusses am 30. November - eine Stunde, bevor an gleicher Stelle der Finanzausschuss tagt, nichtöffentlich. Man hätte auch den Werkausschuss gerne ohne Zuhörer tagen lassen, hieß es dazu aus der Stadt. Aber hier seien Punkte auf der Tagesordnung, die zwingend behandelt werden müssten, und zwar laut Geschäftsordnung öffentlich. Welche Punkte genau und wo in der Geschäftsordnung das begründet ist, war bis zum Redaktionsschluss am Donnerstagabend bei der Stadt nicht in Erfahrung zu bringen.

© SZ vom 20.11.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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