Sportvereine müssen improvisieren:Fit mit dem Cyber-Workout

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Zwangspause: Die Sportplätze im Landkreis, wie hier das Stadion des SE Freising, bleiben derzeit wegen der Corona-Krise leer, auch trainieren können die Fußballer dort nicht. Dass das in diesem Jahr noch einmal möglich sein wird, glauben viele nicht. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Fußballer aus Kammerberg trainieren per Videoschaltung, die Hallbergmooser mit Lauf-App, andere Trainer verschicken Übungspläne per Handy.

Von Laura Dahmer, Freising

Eigentlich hatte Alexander Plabst schon geplant, wie das Training während der Corona-Krise aussehen könnte: Training in Kleingruppen, ohne gemeinsames Duschen und Umziehen, Übungen ohne Körperkontakt. Der Plan des Trainers vom SE Freising ist ein paar Wochen alt und stammt damit aus einer Zeit, in der es noch keine Ausgangsbeschränkungen gab und der Fußballplatz noch betreten werden durfte. Jetzt müssen die Fußballtrainer andere Maßnahmen ergreifen, um ihre Mannschaften fit zu halten. Die Methoden sind unterschiedlich: individuelle Trainingspläne, Dokumentation über Handy-App oder gemeinsame Heim-Workouts per Video. Manche Trainer fordern Trainingsprotokolle ein, andere setzen auf Eigenverantwortung.

Die SpVgg Kammerberg hat sich diese Woche am gemeinsamen Heim-Workout probiert. Trainer Matthias Koston hatte zum Training aufgerufen, die Spieler wählten sich per Videoschaltung ein. "Wir wollten mal wieder ein bisschen Kabinenflair herstellen", sagt Koston. "Es ist ja eigentlich das, was den Amateursport ausmacht: das Gemeinschaftliche." Die Idee kam gut an bei seiner Mannschaft, fast alle schalteten sich zu, um Trainer Kostons Übungen nachzuturnen, in der eigenen Küche, dem Wohn- oder dem Schlafzimmer. Sogar 15 Minuten Zeit zum Quatschen waren im Training eingeplant. Schon zwei Tage später verabredete sich die Mannschaft zum nächsten "Cyber-Workout", wie es bei Koston heißt. Es soll auch ein bisschen Ablenkung in den merkwürdigen neuen Alltag bringen und ein Stück Fußballgemeinschaft zurückholen.

Übungen und motivierende Videos

Beim VfB Hallbergmoos-Goldach passte sich das Trainingskonzept in den vergangenen Wochen an die aktuellen Gegebenheiten an. Zuerst mussten die Spieler mehrmals die Woche über eine Lauf-App Trainingseinheiten verbuchen, das Trainerteam konnte das anschließend einsehen. Als die Situation sich aber als langfristiger herausstellte, nahm Gediminas Sugzda Abstand vom Training unter Kontrolle. Stattdessen stellt er seinen Spielern jetzt Übungen zur Verfügung und schickt motivierende Videos in die Whatsappgruppe. Ab und zu ruft er zur Teamsitzung per Videokonferenz. Wer was macht, obliegt aber letztlich der Eigenverantwortung. "Die Situation auf dem Platz kann man ohnehin nicht imitieren, die Jungs werden zwangsläufig abbauen." Was die Fitness angeht, so sagt er, wird die Situation so sein wie nach jeder Winterpause auch: "Man merkt relativ schnell, wer aktiv war und wer nicht."

Beim SE Freising setzt man auf etwas mehr Kontrolle. Trainer Plabst schickt seine Jungs jetzt dreimal die Woche zum Laufen und gibt ihnen Kraftübungen auf. Wer kann, soll zusätzlich technische Übungen mit dem Ball machen. Dafür nutzen die Fußballer eine App, in der sie Plabsts Aufgaben erfüllen und die Ergebnisse anschließend durchgeben. So hat das Trainerteam im Blick, wer wo steht. "100-prozentige Kontrolle ist natürlich trotzdem weder möglich noch gewollt", sagt Plabst. Den gleichen Weg beschreitet man beim TSV Eching: Trainer Gerhard Lösch vergibt dreimal die Woche Aufgaben, per App schickt die Mannschaft ihm das Resultat. Einem seiner Spieler ist das zu eintönig, er bietet deshalb ein Video-Workout an und lädt seine Teamkollegen ein, sich mit einzuschalten. "Wer das mitmacht, weiß ich natürlich nicht, und es steht auch jedem frei", so Lösch.

Vielleicht wird die Saison ganz ausgesetzt

"Das ist wie mit dem Trinken vorm Spiel, da kann ich nur appellieren", sagt Sepp Summerer vom SVA Palzing zu verpflichtenden Trainingsplänen. Für Manuel Haupt, den Trainer des SV Vötting, und Summerer haben solche Pläne nur dann einen Sinn, wenn es ein Ziel gibt, auf das man hintrainiert. "Aktuell wissen wir ja nicht, wann wir wieder zurück auf den Platz können und ob wir diese Saison überhaupt noch zu Ende spielen", sagt Haupt. Von Tag zu Tag wird es immer unwahrscheinlicher, dass die Rückrunde, die gerade erst angefangen hatte, noch ausgespielt wird. Von Playoffs ist die Rede, vielleicht wird die Saison aber auch komplett ausgesetzt. Worauf es am Ende hinausläuft und was das für die möglichen Auf- und Absteiger bedeutet, weiß noch keiner so recht. Bis sich die Situation ändert, hofft Haupt, dass sich seine Spieler selbst fit halten, "ohne Videokonferenz à la Bayern München. Die Zeit zeigt aber gerade auch: Es gibt Wichtigeres als Fußball."

© SZ vom 06.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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