Situation in Freising verschärft sich:Wohnungsnot trifft jetzt auch den Mittelstand

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Der Fachkräftemangel trifft auch den Landkreis Freising in allen Bereichen: Und wenn sich dann jemand für eine Stelle findet, gibt es für den keine bezahlbare Wohnung in der Region. (Foto: Monika Skolimowska/dpa)

Immer mehr Familien sind von Obdachlosigkeit bedroht und suchen Hilfe in der Beratungsstelle der Diakonie. Die Lebenshilfe kann nicht alle Wohnheimplätze besetzen, weil das Personal keine Bleibe findet

Von Gudrun Regelein, Freising

Es sind die großen Themen in der Region wie Wohnungsnot und Fachkräftemangel, die auch die Arbeitsgemeinschaft (Arge) der Wohlfahrtsverbände, der Caritas, Diakonie, BRK, Lebenshilfe und Arbeiterwohlfahrt (Awo) angehören, im Landkreis beschäftigen. "Wohnraum, das ist ein altes und doch immer wieder neues Thema", sagte Beate Drobniak, Vorständin der Diakonie, die in diesem Jahr den Vorsitz der Arge übernimmt. Bei der Fachstelle zur Verhinderung der Obdachlosigkeit (FOL) der Diakonie habe es im vergangenen Jahr eine drastische Erhöhung der Fälle gegeben, berichtete sie bei einem Pressegespräch.

Im Landkreis seien vor allem Familie von drohender Obdachlosigkeit betroffen, das Thema sei in der Mittelschicht angekommen, sagte Drobniak. Zwar gebe es Wohnraum, allerdings viel zu wenig bezahlbaren. Deshalb sei unter anderem eine spürbare Erhöhung des Satzes für Empfänger der Grundsicherung und des Arbeitslosengelds notwendig. Die Diakonie spürt die Wohnungsnot aber auch selbst: Eigentlich könnte das Frauenhaus dank einer neuen Förderungsrichtlinie mehr Plätze anbieten und sich vergrößern. "Aber wir finden keine entsprechende Immobilie." Aus eigenen finanziellen Mitteln aber könne man einen Neubau nicht stemmen, dazu müssten sich die Kommunen beteiligen.

Ein weiteres großes Problem, das die Arge-Mitglieder ansprachen, ist der laut Lebenshilfe-Geschäftsführer Michael Schwaiger "omnipräsente" Fachkräftemangel in allen Bereichen. "Und selbst wenn man jemanden findet, scheitert das letztendlich dann oft an einer fehlenden Wohnung im näheren Umfeld", schilderte Schwaiger. Bei der Lebenshilfe könnten mittlerweile sogar Wohnheimplätze nicht mehr besetzt werden, da das notwendige Personal fehle. Erschwert werde die Suche durch die Großraumzulage, die nicht überall ausbezahlt werden darf. Die Grenze durchschneide den Landkreis in einer relativ willkürlichen Linie, sagte Schwaiger. "Mitarbeiter in Freising bekommen die Zulage, die in Moosburg dagegen nicht." Für BRK-Geschäftsführer Albert Söhl würde die Anerkennung verschiedene Berufsgruppen als Fachkräfte eine Lösung bedeuten. Als Beispiel nannte er den Ergotherapeuten. Probleme mit der Anerkennung als Fachkraft hätten nach wie vor auch ausländische, zum Teil hoch qualifizierte Mitarbeiter.

Als Wunsch beim Thema Senioren nannten die Arge-Mitglieder eine koordinierende Stelle, die einen Überblick über die Angebote im Landkreis bietet. Zwar gebe es seit Kurzem im Landratsamt eine Fachstelle für Senioren, allerdings mit dem Schwerpunkt Pflege. Kritik am Umgang mit Flüchtlingen äußerte Bettina Erifiu-Wolf, Interimsgeschäftsführerin der Caritas. "Sie müssen Arbeit bekommen - und das früh", forderte sie. Auch bemängelte sie die Ausstattung der Unterkünfte, die gerade Kindern keinen geeigneten Lebensraum biete. Zudem müsste die Möglichkeit für Erwachsene, Deutsch zu lernen, verbessert werden: Viel zu häufig nämlich müssten Kinder für ihre Eltern übersetzen oder Anträge ausfüllen.

© SZ vom 29.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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