Schock für die Mitarbeiter:Kündigung kurz vor Weihnachten

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"Consensus med" schließt drei Arztpraxen in Hohenkammer, Peterhausen und Reichertshausen

Von Petra Schnirch, Hohenkammer

Für die elf Mitarbeiter war es ein Schock: Am Freitag erfuhren sie bei einem kurzfristig anberaumten Treffen, dass Consensus med die drei Arztpraxen in Hohenkammer, Petershausen und Reichertshausen bis Ende Januar schließen werde. Die Angestellten - drei Ärzte, Arzthelferinnen und Reinigungskräfte - erhielten die Kündigung. Die Bürgermeister versuchen unterdessen, eine Lösung zu finden, um die ärztliche Versorgung zu sichern. "Größtes Problem ist der Zeitdruck", sagt Hohenkammers Bürgermeister Johann Stegmair, zumal die Weihnachtsferien vor der Tür stehen. "Das ist ein sehr unglückliches Zeitfenster."

Sie sei "aus allen Wolken gefallen", meint eine Mitarbeiterin. Die Ankündigung sei völlig überraschend gekommen. Mehr wollen sie und ihre Kollegen nicht sagen. Auch Mechthild Trißler äußert sich nicht und legt gleich wieder auf, die Internetseite ist "zurzeit im Wartungsmodus", wie es dort heißt. Die Arztfamilie Trißler aus dem mittelfränkischen Sugenheim hatte für die drei Gemeinden einen innovativen Hausarzt-Praxisverbund organisiert: Die Mediziner sind angestellt, haben feste Arbeitszeiten und ersparten sich hohe Investitionen. Die Praxis in Hohenkammer wurde im Oktober 2012 eröffnet.

Zuvor hatte die 2600 Einwohner zählende Gemeinde lange vergeblich nach einem Arzt gesucht.

Auch im bayerischen Gesundheitsministerium stieß der Zusammenschluss auf Interesse, es förderte das Modellprojekt über ein Programm für innovative medizinische Versorgungskonzepte vom 1. Oktober 2012 bis zum 30. September 2015 mit 200 000 Euro. Den symbolischen Scheck überreichte Staatsministerin Melanie Huml persönlich. Zahlreiche Ärzte protestierten damals gegen diese Form der Unterstützung, weil sie darin eine Wettbewerbsverzerrung sahen. Mechthild Trißler kündigte damals im Gespräch mit der SZ an, dass das Projekt vermutlich sogar ausgebaut werde. Doch daraus wird nun nichts. Als Grund für den Rückzug habe Friedrich Trißler angeführt, dass sich die Familie auf den fränkischen Raum konzentrieren wolle, schildert Stegmair.

Er erfuhr zwei Stunden vor den Mitarbeitern von den Absichten des Unternehmens. Der Rückzug überraschte auch ihn, der Mietvertrag mit einem Tochter-Unternehmen der Gemeinde läuft noch einige Monate. Auf der einen Seite ärgere ihn "dieses Gebaren", sagt Stegmair, auf der anderen müsse er schauen, wie es jetzt weitergeht. Die drei Gemeindechefs trafen sich am Dienstag. Gemeinsam mit Ärzten und Vermietern arbeiten sie an einer Lösung, "die die drei Standorte sichern und die Versorgung der Patienten möglichst unterbrechungsfrei gewährleisten soll", wie es in einer Mitteilung der drei Bürgermeister heißt. "Die Verhandlungen laufen", erklärt Stegmair. Konkreteres könne er noch nicht sagen. Vieles hänge davon ab, welche Vorstellungen die Familie Trißler bezüglich einer Ablöse für die Ausstattung habe. Es sei völlig offen, ob Hohenkammer beispielsweise als eigenständige Praxis weitergeführt werden könne oder ob es auch künftig einen Verbund geben werde. Aus dem Gesundheitsministerium heißt es, der Zuschuss müsse nicht zurückgezahlt werden, das Modellprojekt sei abgeschlossen, der Schlussbericht liege vor und werde geprüft. Ziel der Förderung sei es, neue Modelle für die Versorgung speziell im ländlichen Raum zu entwickeln, "nicht jedoch die Versorgung an einem bestimmten Ort zu sichern". Sollte es sich bei dem Rückzug nicht nur um eine unternehmerische Entscheidung, sondern um strukturelle Probleme handeln, "werden wir diese aufarbeiten" und in die Bewertung einbeziehen. Während des Modellprojekts seien keine Probleme zu Tage getreten. Außerdem verweist die Pressestelle darauf, dass für die Praxen vor dem Engagement von Consensus med kein Betreiber gefunden werden konnte.

© SZ vom 22.12.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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