Schlechte Verlierer:Streit um Windrad verschärft sich

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Nach der Genehmigung des Zufahrtswegs spricht die BI "Gegenwind" von "Ökodiktatoren" und sieht das Landratsamt in einer "dubiosen Rolle". Einem Vorstand der Genossenschaft für Bürgerenergie werden Reifen zerstochen.

Von Klaus Bachhuber, Fahrenzhausen

Die Auseinandersetzungen um das geplante Windrad bei Kammerberg werden mit immer härteren Bandagen geführt - und nun wohl auch mit ungesetzlichen Mitteln. Während der jüngsten Gemeinderatssitzung in Fahrenzhausen, bei der das Wegerecht für den Windradbau genehmigt wurde, wurden einem Vorstandsmitglied der Bürgerenergiegenossenschaft vor dem Rathaus die Reifen seines Autos zerstochen. Die Bürgerinitiative "Gegenwind" attackiert derweil das Landratsamt Freising und attestiert ihm im Genehmigungsverfahren "eine dubiose Rolle".

Mehrere Dutzend Zuhörer drängten sich wieder in den engen Fahrenzhausener Sitzungssaal, als der Gemeinderat vergangene Woche im dritten Anlauf die Befestigung öffentlicher Feldwege für die Zufahrt zur Windradbaustelle im Weißlinger Holz genehmigte. Während Martin Hillebrand aus dem Vorstand des Windradbetreibers, der Bürgerenergiegenossenschaft Freising, die Sitzung verfolgte, wurden auf dem Rathausparkplatz die beiden Vorderreifen seines Wagens zerstochen. Für die Polizei Neufahrn ist "schon zu vermuten", dass die Attacke im Zusammenhang mit der Windkraft-Auseinandersetzung stehe, wie Inspektionsleiter Peter Vogtleitner sagte. Die Polizei Neufahrn ermittle, konkrete Anhaltspunkte lägen aber noch nicht vor.

Die in der Sitzung erteilte Genehmigung ist für die Bürgerinitiative "Gegenwind" ein "lokalpolitischer Skandal erster Güte", erreicht durch "Einschüchterungsversuche des Betreibers" und "massiven Druck" auf den Gemeinderat durch Bürgermeister Heinrich Stadlbauer. Der hatte, wie die Anwälte des Betreibers und die Rechtsaufsicht im Landratsamt, darauf hingewiesen, dass die Bürgerenergiegenossenschaft einen unstrittigen Rechtsanspruch auf die Wegefreigabe habe und eine erneute Verweigerung das Rathaus eventuell in Regresspflicht kommen ließe.

Mittlerweile haben auf dem geplanten Standort des Windrads bereits Baustellenvorbereitungen begonnen. "Gegenwind" bewertet es als äußerst fragwürdig, dass dies vor dem ausstehenden Urteil des Verwaltungsgerichts zur Richtigkeit der Genehmigung vom Landratsamt zugelassen werde. Die Kreisbehörde hatte den sofortigen Vollzug der Baugenehmigung bereits Mitte Januar gebilligt und das Verwaltungsgericht darüber informiert, schildert Behördensprecherin Eva Dörpinghaus. Jede Maßnahme geschehe nun auf eigenes Risiko des Betreibers.

"Gegenwind" wähnt das Landratsamt ohnehin in einem unzulässigen Interessenkonflikt, da der Landkreis Mitglied der Bürgerenergiegenossenschaft ist. "Kann das Landratsamt zukünftig den einwandfreien Betrieb der Genossenschaftsanlage überhaupt objektiv überprüfen und die Einhaltung der Genehmigungsauflagen überwachen?", fragt die Initiative und sieht darin schon "den nächsten lokalpolitischen Skandal am Horizont auftauchen".

Dörpinghaus verweist hingegen auf die "zwei Beine" des Landratsamts. Während die Mitgliedschaft von der kommunalen Gebietskörperschaft Landkreis wahrgenommen werde, obliege die Überwachung der staatlichen Behörde. Das zuständige Sachgebiet arbeite nur den Gesetzen verpflichtet und "absolut weisungsfrei", so dass "selbstverständlich alle Auflagen überwacht" würden.

Auch das Beharren der Bürgerinitiative auf der vermeintlich übers Knie gebrochen Genehmigung, nur um das Windrad noch vor der Gesetzesänderung zur "10H"-Regelung durchzudrücken, weist das Landratsamt zurück. Mit dem Projekt sei man "seit mehr als einem Jahr befasst gewesen", schildert Dörpinghaus. Da könne es dann am Ende auch mal "relativ schnell gehen, wenn alle Unterlagen auf dem Tisch liegen", erläutert sie, "denn im Laufe des Verfahrens hat man die ja alle schon mal gesehen". Dass dieses Genehmigungsverfahren "in keiner Weise" auf Gefälligkeiten beruhe, wie von "Gegenwind" stets suggeriert, sei schon daran abzulesen, dass drei Windräder beantragt gewesen seien, von denen sich zwei im Verfahren als nicht genehmigungsfähig erwiesen hätten.

Die Bürgerinitiative verspricht jedenfalls weiter "massiven und unverminderten Widerstand auf breiter Front". Das Kammerberger Windrad bewirke nur, "dass sich die Bürger von der Energiewende abwenden", weil man "wieder erleben muss, dass ein paar verblendete Ökodiktatoren und Lokalpolitiker nahezu der gesamten Bevölkerung sagen wollen, wo es lang zu gehen hat". Das Windrad sei "sozial nicht nachhaltig, findet keine breite Akzeptanz, die Belange der Bürger werden nicht beachtet und es zerstört den gesellschaftlichen Zusammenhalt".

"Gegenwind" hält am Mittwoch, 4. März, um 19 Uhr im Gasthaus Hörger in Hohenbercha eine Informationsveranstaltung zum Thema "Auswirkungen von Windkraftanlagen auf Mensch und Umwelt" ab.

© SZ vom 03.03.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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