"Schlagen, linker Ellbogen aktiv, runter, Knie beugen, hoch":Vertrackte Schritte

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Die Teilnehmer des Hip-Hop-Kurses von Flow Pizana in Marios Tanzwelt in Moosburg üben vor einem Spiegel eifrig die richtigen Moves und Schritte. (Foto: Marco Einfeldt)

In Marios Tanzwelt in Moosburg weihen Breakdance-Weltmeister Benedikt Mordstein und internationale Tänzer Kinder und Jugendliche in die Geheimnisse der Hip-Hop-Moves ein. Jeder kann seinen eigenen Stil entwickeln

Von Rebecca Seeberg, Moosburg

"Andaoneandatwodaggadadaggada", tönt es aus dem Saal. "Schlagen, linker Ellbogen aktiv, runter, Knie beugen, hoch", feuert der Tänzer Flow Pizana seine schwitzenden Schüler an und zupft selber wie nebenbei die Bewegungen aus der Luft. Nun schon zum zweiten Mal fand das Hip-Hop Dance Camp in Marios Tanzwelt in Moosburg vom 9. bis 11. September statt. Ins Leben gerufen haben das Tanzfestival der Besitzer der Tanzschule Mario Cicha und Benedikt Mordstein, der als B-Boy Bench weit über Freisings Grenzen hinaus als achtfacher Guinness-Weltrekordhalter und Weltmeister im Breakdance bekannt ist.

56 Kinder und Jugendliche im Alter von sieben bis 17 Jahren nehmen an den Workshops teil. Durch seine Verbindungen konnte Bench den bekannten Hip-Hop DJ 2Tuff, den Parkourexperten Chris Krenn und fünf internationale Tänzer engagieren. Alles "Vollbluttänzer", so Mario Cicha, die dank ihrer Tanzexpertise auch auf die unterschiedlichen Level ihrer Schüler eingehen können. "Nicht so viel nachdenken", rät Flow den Kids, die versuchen seine schwierigen Schritte zu imitieren.

Insgesamt trainieren die Kinder sechs Stunden am Tag und übernachten anschließend in der Tanzschule. Doch vertieft wird abends, wenn alle trotz müder Glieder mit ihren Trainern zusammen sitzen, Gelerntes wiederholen und sich austauschen. "Das bringt mehr als jeder Kurs", sagt Mario Cicha. Bemerkenswert sei die gute Gruppendynamik, die innerhalb kürzester Zeit unter all den Teilnehmern entstanden sei, erzählt Mordstein stolz. Keiner steht alleine herum, selbst beim Tischtennisturnier, was nun wahrlich nichts mit Tanzen zu tun hat, machen alle mit. Das Camp lebt von der Begeisterung, mit der Cicha und Bench die Tage gestalten.

Was das Beste sei? "Die Vielfalt der Tanzstile kennenlernen", so ein kleiner Naseweis, der gerade so über die Tischkante schauen kann. Denn der Begriff Hip-Hop umfasst nicht nur einen Tanzstil. Von House Dance, das vor allem aus Footwork besteht, bis zu New Style mit seinen eher fließenden Bewegungen, können die Teilnehmer alles ausprobieren. Selbst der Berufstänzer Mario Cicha betritt in der Stunde der Londoner Tänzerin Alicia Neuland - sie unterrichtet Waacking, ein in den Discos der Siebzigerjahre entstandener Stil. Währenddessen erklärt El Vasi, Österreicher und international bekannter Tänzer, mit Engelsgeduld einen anspruchsvollen Breakdance-Schritt, bei dem seine Schüler sich anstatt auf ihre Hände auf den Rücken stützen und gleichzeitig ein Bein über das andere kicken. Wo es noch nicht klappt führt er die Bewegung an den Beinen mit und schon beherrscht die kleine, achtjährige Emily die verzwickte Drehung. "Mir macht Tanzen einfach Spaß, egal was", erklärt sie, während sie auf den Füßen wippt und sich schon wieder Richtung Tanzfläche wendet. "Sieht halt auch gut aus", bestätigt der zwölfjährige David.

Mit Gekreisch, und im Falle der älteren Jungs Gebrüll, beginnt die Stunde im Parkour, in der Chris Krenn seine Schüler im Rad Schlagen, Flickflack und allerlei anderen halsbrecherischen Tricks unterweist. Die riesige Luftmatratze vor dem Haus, eine sogenannte Airtrack, regt zu kreativen

Ideen an und so hüpft ein kleiner Junge über deren ganze Breite und legt unter dem Gekicher seiner Altersgenossen einen beeindruckenden Salto hin.

Fünf Stunden am Tag unterrichtet außerdem 2Tuff, ein international bekannter DJ und eingefleischter Experte vom alten Schlag. "Weil ich Hip-Hop liebe und lebe", erklärt er und begibt sich gefolgt von einer Schar aufgeregt wuselnder Schüler in Richtung DJ Pult. Er legt auch auf dem Battle am Samstagabend auf, bei der die Tänzer beweisen können, was sie gelernt haben. Fast alle machen mit - ob sie nun gerade angefangen haben zu tanzen, oder schon bei Meisterschaften aufgetreten sind. "Viele Kids haben im Battle eine ganz andere Seite von sich gezeigt, die sogar uns Trainer zum Staunen gebracht hat", erzählt Benedikt Mordstein. Einige seien so begeistert gewesen, dass sie am nächsten morgen schon vor dem Frühstück das erste eigene kleine Battle mit Jury und allem was dazugehört ausgetragen hätten. Denn bei einem solchen Wettkampf gehe es nicht um Konkurrenz, erklärt der zwölfjährige David fast schon entrüstet ob der Idee.

Es gehe darum seinen ganz eigenen unverwechselbaren Stil zu finden und, "so abgedroschen es sich anhört, seine eigene Persönlichkeit weiterzuentwickeln", erklärt der erfahrene B-Boy Bench. Es geht darum den Beat fühlen zu lernen, so wie Linus (13), der sobald er Musik hört, seine Füße nicht mehr still halten kann. Oder neue Stile auszuprobieren, so wie Amelie (9), die ihre Begeisterung fürs Breakdance entdeckt hat. Die vier goldenen Regeln der Hip-Hop Szene fassen die drei Tage in den Räumen der Moosburger Tanzwelt in Worte. Es geht um "Peace, Love, Unity and Having Fun".

© SZ vom 14.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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