Ganz im vorgesehenen Zeitrahmen hat es nicht geklappt, der Abschluss der Sanierungsarbeiten verzögert sich etwas. Zumindest der obere Teil des Gerüsts am Kirchturm von St. Georg aber soll spätestens Anfang Mai verschwinden. Dann sind zumindest die Zwiebelhaube und die Turmuhr, zwei weithin sichtbare Wahrzeichen im Freisinger Stadtbild, Gerüst und Verkleidung wieder los. Rechtzeitig zur Eröffnung der Bayerischen Landesausstellung auf dem Domberg, zu der sich auch die Bürgerstadt von ihrer besten Seite zeigen will.
Eigentlich sollte die 2021 begonnene Sanierung von Dachstuhl und Fassade bis dahin abgeschlossen sein, so das Ziel. Doch die Schäden an der Zwiebel waren größer als gedacht, die Reparaturen gestalten sich sehr aufwendig, wie Elisabeth Maier, Verwaltungsleiterin der Katholischen Stadtkirche Freising, erklärt. Der kurze, aber heftige Wintereinbruch im Dezember beeinträchtigte den Zeitplan ebenfalls. Bis Juni, so hofft sie, kann das Gerüst ganz abgebaut werden. Danach folgen noch Drainage-Arbeiten. Auch im Kircheninneren gibt es einige feuchte Stellen. Kein Wunder: Der Boden um St. Georg ist auf einer Seite drei Meter höher - dadurch steht das Gotteshaus teilweise im Erdreich. Fast überraschend angesichts der Schwierigkeiten: Der gesteckte Kostenrahmen von 7,23 Millionen Euro kann eingehalten werden.
Der Untergrund in der Freisinger Altstadt ist ohnehin herausfordernd. Das spätgotische Kirchenschiff entstand zwar schon zwischen 1440 und 1494, steht dort also seit mehr als 500 Jahren. Der barocke Turm aber ist deutlich jünger, er wurde von 1679 bis 1689 durch Antonio Riva erbaut - die Turmvorgänger mussten abgetragen werden, weil sie, auch wegen der schwierigen Bodenverhältnisse, schnell baufällig geworden waren. Der erste sei schon nach wenigen Jahren eingestürzt, erzählt Elisabeth Maier. Dadurch hat Freising sein 84 Meter hohes Wahrzeichen erhalten.
Viel Zeit hat zuletzt die Beseitigung der massiven Schäden an der Turmzwiebel gefordert. Das Kupfer wird erneuert, außerdem die Dachbalken im oberen Teil. Denn dort war Wasser eingedrungen. Derzeit arbeiten die Kupferschmiede in der Laterne des Turms, eine Puzzlearbeit unter extrem beengten Verhältnissen. Und das in 60 Metern Höhe. Ihr Können begeistert Elisabeth Maier ganz besonders. "Das sind eigentlich Künstler, die das mit Leidenschaft machen", sagt sie.
Die Kupferstreifen werden vor Ort gebogen und gefalzt. "Das ist faszinierend, es ist ganz viel Handarbeit, denn fast jeder Quadratzentimeter ist anders." Auch eine spannende Entdeckung machten die Handwerker dort oben. Auf einem Kupferblech befand sich eine Inschrift aus dem Jahr 1870. Der Meister, seine Gesellen und auch ein Tagelöhner, die das Blech damals anbrachten, hatten sich dort verewigt. Das Fundstück soll künftig im Turmstüberl ausgestellt werden. Auch die aktuellen Handwerker werden in der Zwiebel wohl ihre Namen hinterlassen.
Bereits im Dezember konnten die Arbeiten am Langhaus der Stadtpfarrkirche abgeschlossen werden: Außen wurden die Wände gereinigt und gekalkt, auch an den Fensterrippen waren Reparaturen notwendig. Aufwendigste Arbeit im Zuge der Sanierung war die neue Eindeckung des imposanten Kirchendachs mit Kirchenbiber, kleinen, gerade geschnittenen Ziegelplatten.
1870 war die Kirche mit Schiefer eingedeckt worden. Da dieser sehr schwer und auch porös war, wurde er 1970 gegen Eternitschiefer ausgetauscht. Der musste nun schon nach gut 50 Jahren wieder weichen. Die Entsorgung der asbesthaltigen Platten gestaltete sich schwierig. Wenn dort gearbeitet wurde, "durfte niemand sonst auf die Baustelle", erzählt Elisabeth Maier.
Auch der Dachstuhl bedurfte dringend einer Sanierung. Die Pfetten, die Träger, waren größtenteils nicht mehr vorhanden. Sie mussten ganz ersetzt oder ergänzt werden und liegen jetzt zum Teil auf dem Gemäuer auf. Feiner Stahldraht sichert die Konstruktion zusätzlich ab. Künftig sollen Führungen mit kleinen Gruppen auch auf den 500 Jahre alten Dachboden angeboten werden, "das ist sehr beeindruckend", meint die Verwaltungsleiterin. Eine Gruppe Ehrenamtlicher wird diese Aufgabe übernehmen, sie bereiten sich bereits darauf vor. Auch der Turm mit der grandiosen Aussicht über die Stadt soll wieder zugänglich werden, künftig allerdings nur mehr mit Führungen. Auf dem Balkon in 46 Meter Höhe ist jedoch Schluss. Neu ist ein brandschutzsicherer Raum im Turm, den die Feuerwehr per Drehleiter erreichen kann.
Für Elisabeth Maier bot sich während der Sanierung ein ganz besonderer Ausblick - von dem etwa 80 Meter hohen Gerüst, praktisch auf Augenhöhe mit den Domtürmen. "Da sieht man, wie schön die Altstadt mit ihren vielen Hinterhöfen ist", schwärmt sie.
Viele Details dürften künftig auch von unten wieder besser zu sehen sein. "Die vier Evangelisten am Turm waren schwarz", sagt Maier, sie wurden gereinigt, der Kirchturm neu gestrichen in Grün auf Weiß. Mit den Jahren hat er schon viele Farben gesehen, "Rosa, Weiß, Gelb", zählt sie auf. Die Ursprungsfarbe sei vermutlich Weiß gewesen. Auch das alte Ziffernblatt der Uhr war verwittert. Es strahlt nun wieder, die Zeiger wurden neu vergoldet.
Das Kriegerdenkmal am Kirchenschiff ist bereits ausgepackt worden. Spanplatten schützten es während der Arbeiten am Kirchenschiff. Für dessen Restaurierung sei aber die Stadt zuständig, schildert Elisabeth Maier. Bereits hergerichtet wurden dagegen die Grabmäler am Langhaus von St. Georg, die Inschriften sind wieder lesbar, etwa die von Caspar Wilhelmus Vorbrack oder dem früheren Bürgermeister Johann Michael Zenger und seiner Frau Maria Zengerin, wie dort steht. "Die Bayern haben schon immer gegendert", sagt Elisabeth Maier und lacht.