Ratten der Lüfte oder bedürftige Kreaturen?:Tauben Füttern in Freising

Lesezeit: 3 min

Tauben sind in der Stadt überall zu finden. (Foto: Marco Einfeldt)

Welche Probleme die Tiere verursachen und ob das Füttern schädlich ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. In Freising ist es jedenfalls verboten.

Von Simon Bauer, Freising

Sie werden als "die Ratten der Lüfte" bezeichnet und sind typisch für das Bild einer Stadt. Doch wenn es darum geht, wie man mit den Stadttauben umgehen soll und was sie für Probleme verursachen, gehen die Meinungen weit auseinander. Der Freisinger Stadtrat muss sich in seiner nächsten Sitzung am Donnerstag, 27. Oktober, mit einer Neufassung der "Taubenfütterungsverbotsverordnung" befassen.

Doch können die Tiere bei übertriebener und falscher Zufütterung wirklich zu einer Gefahr für Mensch und Umwelt werden? Robert Zellner vom Freisinger Ordnungsamt, Elsa Lößner, Biologin und Tierschützerin vom Tierschutzverein Freising, Lorenz Weigl, Leiter des Gesundheitsamtes, sowie Kreisbaumeisterin Antonia Seubert haben für die Freisinger SZ Fragen rund um das Taubenproblem aus verschiedener Perspektive kommentiert.

Fütterung

Das sagt die Tierschützerin: "Ja, man kann Stadttauben füttern, allerdings in kontrolliertem Maße und mit richtig ausgewähltem Futter. Besonders Brot sollte man unbedingt vermeiden. Es enthält zu wenig Nährstoffe für die Vögel und kann Gefieder- sowie Organschäden verursachen. Wenn gefüttert werden soll, dann Getreide oder auch kleine Fruchtstücke. Stadttauben sind verwilderte Haustauben und Körnerfresser und finden in den Städten ohnehin nicht nur passendes Futter auf den Straßen. Deswegen sollte unnatürliches und unpassendes Futter nicht auch noch zusätzlich verbreitet werden. Grundsätzlich ist richtiges, gezieltes Füttern für Wildvögel also nicht schädlich. In den Städten ist es allerdings meistens rechtlich verboten, so auch in Freising."

Das Füttern der Tiere ist umstritten, Brot sollte es aber auf keinen Fall sein. (Foto: Marco Einfeldt)

Das sagt das Freisinger Ordnungsamt: "Tauben dürfen in Freising nicht gefüttert werden. Das natürliche Nahrungsangebot, das die Tiere in der Stadt geboten bekommen, ist weit ausreichend, um zu überleben. Die Fütterer müssen ihr Fehlverhalten erkennen und sich der Folgen, die das Zufüttern nach sich zieht, bewusst werden. Einzelfälle werden meist noch mit einer Verwarnung abgehandelt, Wiederholungstätern drohen bis zu 500 Euro Bußgeld."

Vermehrung

Das sagt die Tierschützerin: "Was die Brutaktivität betrifft, vermehren sich die Stadttauben durch mehr Angebot an Futter nicht zusätzlich. Die Kapazität der Brutstätten ist in der Stadt sowieso beschränkt, es gibt gar nicht genügend Nistplätze für mehr Nachwuchs. Tauben brüten grundsätzlich mehr als andere Vögel, das ist eine Folge der Abstammung von den Haustauben. Die Leute geben manchmal zu wirklich ungewöhnlichen Zeiten, sogar im Winter, Taubenküken bei uns ab."

Das sagt das Ordnungsamt: "Die Stadt funktioniert als ein eigenständiges Biotop, in das man sich zu keiner Jahreszeit einmischen sollte. Je mehr unnatürliche Nahrung durch Zufütterer in Umlauf gebracht wird, desto mehr Nachkommen bringen die Stadttauben hervor. Man tut den Tieren damit allerdings nichts Gutes, denn so gerät das biologische System aus dem Gleichgewicht. Außerdem werden die Tiere anfälliger für Krankheiten ."

Gesundheit

Verschmutzen sie Fassaden, gefährden sie die Gesundheit? Die Meinungen über Tauben gehen auseinander. (Foto: Marco Einfeldt)

Das sagt die Tierschützerin: "Viele Menschen haben Angst vor möglichen Krankheiten, die Stadttauben übertragen könnten, doch das ist auf jeden Fall übertrieben. Tauben tragen ebenso viele Erreger in sich wie jedes andere Wildtier. Auch wenn man sie "die Ratten der Lüfte" nennt."

Das sagt das Gesundheitsamt: "Potenziell ist eine Übertragung von Bakterien, Pilzen und selten auch Viren durch Tauben auf den Menschen möglich. Dabei kommt es jedoch immer auf die jeweilige Situation an: Wie oft und wie lange findet der Kontakt zu den Tieren statt und unter welchen Umständen, also in einem geschlossenen Raum oder im Freien. Somit sind etwa Taubenhalter und Gebäudereiniger, die es bei Säuberungsarbeiten regelmäßig mit Taubenkot zu tun haben, gefährdeter als jemand, der nur für einen kurzen Moment mit einem der Tiere in Kontakt kommt."

Fassaden

Das sagt d ie Kreisbaumeisterin: "Grundsätzlich ist es problematisch, wenn sich die Verschmutzung durch eine Vielzahl an Tauben und deren Kot häuft. Doch glücklicherweise haben wir in Freising und im Landkreis keine nennenswerten Probleme und Beschädigungen durch Tauben an Gebäuden und Denkmälern."

Das sagt die Tierschützerin: "Wenn Tauben in zu großen Mengen falsches Futter bekommen, zum Beispiel Weißbrot, dann steigt die Verschmutzung durch Kot in den Städten. Außerdem wird die Konsistenz der Ausscheidungen aggressiver, dadurch können auf Dauer auch Schäden an Gebäuden entstehen."

Dezimierung

Das sagt die Tierschützerin: "Das "Augsburger Konzept" ist eine sehr gute Lösung zur Kontrolle von Taubenpopulationen. Dabei werden die Tiere zu ausgewählten Taubenschlägen gelockt und gezielt überwacht. Sie fressen dort, sie verrichten ihr Geschäft dort und sie brüten dort. Wenn zu viel Nachwuchs droht, werden überschüssige Eier durch Attrappen ausgetauscht. Allerdings ist es noch wenig verbreitet und wird aufgrund des hohen Aufwandes hauptsächlich von Ehrenamtlichen betrieben. "

Das sagt das Ordnungsamt: "Das "Augsburger Konzept", eine kontrollierte Betreuung von Brutstätten verbunden mit dem Austauschen überzähliger Eier durch Attrappen, wäre eine Möglichkeit. Allerdings wurde es in Freising noch nicht getestet und ist sehr zeitaufwendig und kostspielig. Auch der Versuch, die Taubenpopulation durch abgerichtete Falken zu dezimieren, nützt auf Dauer nicht viel, da ein Falke nur wenig Beute für seine eigene Nahrungsgewinnung erlegt und mit anderen Jagdfalken oft in Revierstreitigkeiten gerät. Das Fangen und Töten der Tauben ist aus tierschutzrechtlichen Gründen natürlich verboten. Die einzige Möglichkeit ist also der direkte Appell an die Menschen, mit dem Füttern aufzuhören."

© SZ vom 22.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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