Probleme mit dem Umweltschutz:Es war die Lerche

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Seit Jahrzehnten ersehnen viele Dietersheimer eine Umgehung, um die viel befahrene Ortsdurchfahrt zu entlasten. Nun ist das Thema wieder aktuell, doch mit der diskutierten Trasse gibt es Schwierigkeiten

Von Klaus Bachhuber, Eching

Die Handelnden sind: Landesbehörden, das Echinger Rathaus, die Technische Universität München, die Nachbarstadt Garching. Und die Dietersheimer. Und die Feldlerche. All diese Akteure müssen gerade unter einen Hut gebracht werden, um eine Umgehungsstraße für Dietersheim bauen zu können, die von großen Teilen des Orts seit Jahrzehnten ersehnt wird - und von anderen vielleicht gefürchtet?

Obwohl die Abstufung der einstigen Bundesstraße B 11 zur Staatsstraße, der Auslöser zur Konkretisierung der uralten Umfahrungspläne, jetzt auch schon wieder mehr als ein Jahr alt ist - so bald können die Dietersheimer nicht mit einer neuen Umfahrung rechnen. Einen "Zeithorizont von zehn Jahren plus x" skizziert Bürgermeister Sebastian Thaler und hofft nur: "Je schneller, desto besser."

Mit vier Trassenvarianten war das Echinger Rathaus Mitte 2014 in die konkreten Planungsvorbereitungen gestartet; alle vier sind längst obsolet. Zusammen mit Garching hat man sich auf eine völlig neue Route geeinigt, die wahrscheinlich den Ort am wenigsten belasten würde, die Landschaft dafür am meisten. Die momentane Wunschtrasse würde von Norden her auf Höhe des Klärwerks Marienhof, in etwa an der Gemeindegrenze zu Neufahrn, nach Westen von der bisherigen B 11 abzweigen, Dietersheim in weitem Bogen umrunden und dann knapp einen Kilometer südlich der Echinger Straße auf die Trasse eines asphaltierten Feldwegs einschwenken und dem in gerader Linie bis zum Autobahnzubringer Garching-Nord folgen.

Die beiden früheren Varianten, die fast unmittelbar an der westlichen Grenze Dietersheims vorbeiführt hätten und noch vor dem Garchinger Forschungscampus wieder auf die B 11 gestoßen wären, sind aus den Plänen getilgt. Gegen diese Umfahrung hatten Anlieger mobil gemacht. Eine Online-Petition erbrachte rasch mehr als 120 Unterschriften, fast zehn Prozent der Dietersheimer Bevölkerung.

In der damaligen Debatte bei einer Bürgerversammlung waren sich diese Protestierer allerdings unschlüssig, ob sie von einer neuen Straße in weiterem Bogen ebenfalls Belästigungen zu erwarten hätten. Auch wenn die Trassenpläne momentan noch unscharf sind, scheint doch kein Dietersheimer Ortsrand näher als 500 Meter an der geplanten Umfahrung zu liegen, die kürzeste Distanz ergäbe sich für den nördlichen Ortsrand um Finken- und Starenweg. Voll belastet würde lediglich das Gut der Stadt München mit seinen Aussiedlerhäuschen an der Straße nach Eching. Angesichts der Solitärlage westlich Dietersheims führt freilich jede denkbare Planung nahe an diesem Hof vorbei. Im Rathaus geht man ohnehin davon aus, dass die Straße mit geeigneten Lärmschutzvorkehrungen geplant werde, eventuell mit einer Tieferlegung.

Das Problem am weiten Bogen ist, dass die Straße näher am Naturschutzgebiet Garchinger Heide liegt. So ist die naturschutzfachliche Wertigkeit des durchschnittenen Gebiets deutlich höher als in Ortsnähe - Stichwort Feldlerche. Der geschützte Bodenbrüter hat in dieser Gegend ein offenbar paradiesisches Refugium gefunden und kommt in üppiger Population vor. Der damalige Bürgermeister Josef Riemensberger malte das Szenario an die Wand, dass der ökologische Ausgleichsbedarf für den weiteren Bogen mindestens zehnfach so hoch sei wie bei anderen Routen. Das kann ins Geld gehen. Derzeit stehen knapp 13 Millionen Euro für das Projekt in der mittelfristigen Finanzplanung der Gemeinde, angesichts völlig unfertiger Planung freilich noch wenig tiefenscharf und ohne gegengerechnete Zuwendungen des Landes, da die Umfahrung eine Staatsstraße würde. Angesichts der Kosten und des hohen ökologischen Preises haben sich die Gemeinderat-Grünen dagegen verwahrt, sich ausschließlich auf diese Trasse zu fixieren.

Allerdings ist dies die einzige Option, mit der Eching gewichtige Mitstreiter generieren könnte: das Garchinger Rathaus und die TU, die nach der angestrebten Verlegung der früheren B 11 Raum für eine Westerweiterung des Forschungscampus gewinnen würden, nachdem im Osten die Isar das Limit setzt und im Süden Garchings Wohnbebauung. Speziell wegen dieser Fürsprecher merkt Bürgermeister Thaler an, dass für eine zügigere Umsetzung "die Hoffnung schon da" sei.

Ein Verkehrsgutachten sieht die mögliche Umgehung angesichts des prognostizierten Verkehrs im Jahr 2030 mit etwa 15 000 Fahrzeugen pro Tag belastet, am Autobahnzubringer Garching-Nord mit 30 000. Durch Dietersheim würden demnach noch 2000 Autos fahren, gegenüber derzeit täglich zwischen 10 000 im Nord- und 15 000 im Südteil.

© SZ vom 22.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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