Preise 2017 erneut gestiegen:Einfach trostlos

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Die Stadt Freising will an der Katharina-Mair-Straße in Lerchenfeld 120 bezahlbare Wohnungen schaffen. Wenn alles klappt, könnten sie schon 2021 fertig sein. (Foto: Katharina Jaksch)

Die Lage auf dem Freisinger Wohnungsmarkt verschärft sich weiter. Die hohen Mieten setzen inzwischen auch dem Mittelstand zu.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Situation auf dem Wohnungsmarkt in Freising verschärft sich weiter. So sind die Mietpreise 2017 im Vergleich zum Vorjahr erneut gestiegen. Empfänger von Sozialleistungen haben nach wie vor kaum eine Chance auf dem freien Markt, weil sie von Vermietern nicht akzeptiert werden und es gleichzeitig genug finanzkräftige Bewerber gibt. Das alles geht aus dem jährlichen Wohnungsvergabebericht hervor, der am Dienstag im Finanzausschuss vorgelegt wurde und die Stadträte erneut ratlos zurückließ. Denn zunehmend leidet auch die Mittelschicht unter dem Mangel an bezahlbarem Wohnraum, wie Robert Zellner, Leiter des Sozialamts, schilderte. Abhilfe aber ist nicht in Sicht.

Zwar will die Stadt Freising an der Katharina-Mair-Straße in Lerchenfeld 120 Wohnungen auch für Menschen mit niedrigeren Einkommen bauen. Die ersten Bewohner können dort jedoch frühestens Mitte 2021 einziehen - und Entlastung dürfte das nur vorübergehend bringen. Zellner erwartet eine Besserung langfristig eigentlich nur noch, "wenn Arbeitsplätze künftig in strukturschwächeren Gebieten entstehen, damit die Menschen dort wohnen und arbeiten können". Deutlich machte er, dass zu allerletzt die anerkannten Flüchtlinge schuld an der Misere trügen. Sie würden bei den Vermietern "ganz hinten auf der Liste stehen".

Insgesamt haben zwischen 1. November 2016 und 31. November 2017 nur zehn Bewerber vom freien Markt eine geförderte Wohnung erhalten. Zwar gab es in der genannten Zeit 64 Zuweisungen - das waren etwa genau so viele wie im Vorjahr. In 42 Fällen handelte es sich jedoch um einen Wohnungstausch, in zwölf weiteren wurden Bewohnern von Notunterkünften öffentlich-geförderte Wohnungen zugewiesen. Die Anzahl der Zwangsräumungen ist stark steigend. 17 Haushalte, auch das geht aus dem Wohnungsvergabebericht hervor, mussten in eine der städtischen Notunterkünfte ziehen. Unter anderem steige die Zahl der Räumungen wegen Eigenbedarfs, sagte Zellner dazu: "Da sind mittlerweile auch ganz normale Familien betroffen."

222 Menschen bewerben sich aktuell um eine geförderte Wohnung, und im Sozialamt der Stadt meldeten sich im vergangenen Jahr 300 Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder mit ihrer Wohnungssituation nicht zufrieden sind, wie Zellner weiter schilderte. Wie in den vergangenen Jahren beklagte er "eine erhöhte Aggression der Wohnungssuchenden bei der Vorsprache". Viele seien verzweifelt, weil sie keine Wohnung in Freising finden könnten und sich benachteiligt fühlten. Die Vergabestelle könne ihnen gleichwohl nur raten, ihre Suche auf Bereiche zu erweitern, in denen es für sie bezahlbaren Wohnraum gibt, sagte Zellner, räumte aber ein, dass diese Bereiche dann meist weit von der Stadt Freising entfernt seien: "Vielfach ist das dann mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Umfelds verbunden."

Der Bericht zeige die Kehrseite dieses reichen Landes, sagte Bürgermeisterin Eva Bönig (Grüne). Die Stadt bemühe sich mit ihrem Engagement im Wohnungsbau zwar, Abhilfe zu schaffen: "Wir können aber nicht der Retter der ganzen Region sein." Rudi Schwaiger (CSU) und Sebastian Habermeyer (Grüne) sorgten sich vor allem, ob die Zahl der Notunterkünfte in der Stadt auch in Zukunft ausreichen werde, und forderten, hier rechtzeitig vorzusorgen. Vielleicht müsse man auch über Containerwohnungen nachdenken, sagte Schwaiger. Dass in einer Stadt wie Freising Familien, die in Lohn und Arbeit stünden, auf der Straße landeten, dürfe eigentlich nicht sein, ergänzte Habermeyer.

"Wir hören jedes Jahr denselben trostlosen Bericht", bedauerte Guido Hoyer (Linke). Die Stadt Freising könne das alleine jedoch ebenso wenig regeln, wie der freie Markt. Hier seien Bundes- und Landesregierung gefragt. Hans Hölzl (FSM) kritisierte, dass gleichzeitig in Attaching 14 oder 15 Wohnungen teilweise seit Jahren leer stünden. Ob das "die von der FMG aufgekauften" seien, wollte Bönig wissen. Hölzl bejahte - was Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher zum Anlass nehmen will, eine Stellungnahme der Flughafengesellschaft dazu einzuholen.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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