Wolfersdorf:Grundschüler erleben Klassik

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Martina Oberhauser führt zusammen mit dem Münchner Rundfunkorchester seit zehn Jahren Wolfersdorfer Grundschüler an die klassische Musik heran.

Von Clara Lipkowski, Wolfersdorf

Kinder an klassische Musik heranzuführen - das ist das Credo, nach dem Martina Oberhauser bereits seit mehr als zehn Jahren arbeitet. Sie ist Grundschullehrerin und betreut den Austausch zwischen der Wolfersdorfer Grundschule und Musikern des Münchner Rundfunkorchester. Nun ist sie für ihr Engagement für den Tassilo-Kulturpreis der Süddeutschen Zeitung  nominiert.

In der Projektarbeit werden alle Kinder der Grundschule eingebunden: Sie nehmen an Patenkonzerten mit den Profimusikern teil, besuchen Konzerte klassischer Musik und arbeiten in Kunstprojekten. Im Februar hat die Patenschaft mit der Uraufführung eines eigens dafür komponierten Stücks zehnjähriges Bestehen gefeiert. Der oberste Grundsatz der Zusammenarbeit ist es, "allen Kindern der Grundschule unabhängig von der sozialen oder finanziellen Herkunft und musischer Begabung Türen zu klassischer Musik zu öffnen", sagt Oberhauser, die seit zwölf Jahren Lehrerin an der Grundschule in Wolfersdorf ist.

Ihre Arbeit sei geprägt von drei Säulen: Erstens wolle sie den persönlichen Kontakt zwischen Musikern und Kindern herstellen und Kindern die Hemmungen vor der Zusammenarbeit mit Profi-Musikern nehmen. Als zweite Säule sollten Kulturerfahrungen für die Kinder zu einer Selbstverständlichkeit werden und drittens sollen die Kinder methodisch auf den Kontakt mit klassischer Musik vorbereitet werden. Denn die mute manchmal elitär an, dem wolle sie entgegentreten, sagt Oberhauser. Konkret bedeutet das Mitmachkonzerte. Dann dürfen die Kinder, die zwischen sechs und zehn Jahren alt sind, bei Aufführungen des Münchner Rundfunkorchesters Instrumente spielen, singen, Moderationen oder kleine schauspielerische Rollen übernehmen, etwa zum Radetzkymarsch marschieren oder das Gewitter in Rossinis "Wilhelm Tell" mit Schlaginstrumenten darstellen.

Außerdem hören die Kinder regelmäßig klassische Konzerte in München und werden darauf vorbereitet. Dazu trommeln sie rhythmische Begleitungen zur Musik, sprechen Lieder nach oder malen mit Farben die Stimmungen der Musik. Kinder so an Musik heranzuführen werde sehr gut angenommen, sagt Oberhauser, die privat selbst seit mehr als sieben Jahren Klarinette spielt. Zwar seien die Kinder offen, sich mit klassischer Musik auseinanderzusetzen, entscheidend sei aber, wie man sie ihnen präsentiere. Denn ehrlicherweise müsse man auch sagen, dass klassische Musik nicht für jedes Kind etwas sei. "Deswegen haben wir auch die Bildende Kunst mit in unserer Programm aufgenommen", sagt Oberhauser. So haben die Kinder nach der Aufführung des Konzerts zum zehnjährigen Bestehen der Partnerschaft ein Bilderbuch zur Musik "Der Zaunkönig und die silberne Flöte" gestaltet.

Auf Seite der professionellen Musiker aber auch auf Seite der Eltern herrschten großer Idealismus und viel Begeisterung für das Projekt, das bayernweit einmalig ist, sagt Oberhauser. Alle seien mit großen Interesse bei der Sache. Bisweilen haben sogar einige Eltern über ihre Kinder Interesse an klassischer Musik entwickelt. So sind die Kinder zu Musikvermittlern geworden. Sollte sie ein Preisgeld gewinnen, wolle sie es in jedem Fall dafür verwenden, Kindern noch besser den Zugang zu Kultur zur ermöglichen. Das könne dann mit Fahrten zu kulturellen Veranstaltungen oder dem Kauf von Musikinstrumenten realisiert werden. Außerdem könne sie sich vorstellen, das Angebot zu erweitern und einen Schauspieler zu beschäftigen, der die Kinder darin schult, Moderationen zu halten. Ideen gebe es also, aber erst einmal müsse es soweit kommen, sagt die 42-Jährige, die an zahlreichen Lehrerfortbildungen teilgenommen und ein Zusatzstudium der Musikvermittlung absolviert hat.

In der zehnjährigen Tätigkeit hat Martina Oberhauser den Kindern auf vielfältige Weise den Kontakt mit Musik ermöglicht. Manchmal gehe sie dafür an ihre Grenzen, sagt sie, denn die meiste Organisation erledige sie in der Freizeit. Dass aber alle mit großer Eifer mitmachten, entschädige für die Anstrengungen. Ein paar Eindrücke sind ihr in besonderer Erinnerung. Beim Jubiläumskonzert im Februar beobachtete sie Schüler, wie sie in die Musik und die Geschichten, die in den Stücken erzählt werden, "eintauchen". Ein paar Schüler waren so in Gedanken, dass sie die Flöten der Musiker und die Vögel im Stück "Der Zaunkönig und die silberne Flöte" nachahmten. Da habe sie gesehen, dass die "inneren Bilder der Musik" bei den Kindern greifen, und festgestellt, dass die geleistete Arbeit bei ihnen ankommt.

© SZ vom 17.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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