Neufahrner Heimatforscher:Verschlossene Gefängnistür

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Corona bremst Ernst Kellers Kriminalgeschichten-Projekt aus

Ernst Keller möchte am liebsten möglichst bald ins Gefängnis. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie kommt man selbst dort nicht mehr so leicht hinein - zumindest wenn es um Heimatforschung geht. Doch ausgerechnet im Alten Gefängnis in Freising müssen noch die letzten Szenen für den Film gedreht werden, der begleitend zu Kellers neuestem Buch produziert wird. Es geht um "Vergessene Geschichten aus unrühmlichen Zeiten", eine Sammlung von historischen und bisher größtenteils unveröffentlichten Kriminalgeschichten vor allem aus dem 19. Jahrhundert. Der Fürholzener Heimatforscher Ernst Keller hat dafür in staatlichen, kirchlichen und privaten Archiven recherchiert und wird nicht zuletzt auch vom Stadtarchiv Freising unterstützt. Im Herbst wurde das gesamte Projekt aber wegen Corona erst einmal abgebrochen.

Davor hatten zum Beispiel in Giggenhausen, unterstützt von der Theatergruppe der dortigen Maibaumfreunde, bereits Dreharbeiten stattgefunden. Denn Mitte des 19. Jahrhunderts hatte eine Räuberbande in der dortigen Gegend ihr Unwesen getrieben. Eine gewisse Josepha Wimmer arbeitete nach den Recherchen von Ernst Keller als "Oberdirn" in Massenhausen und war die Geliebte eines Verbrechers, der mit einem Kumpanen aus einem schwäbischen Zuchthaus fliehen konnte und sich nach Massenhausen durchschlug. Das Trio fand dann neun Gleichgesinnte, und die Bande raubte unter der Führung von Josepha, die als Einzige lesen und schreiben konnte, einige Anwesen der Umgebung aus. Nach ihrer Verhaftung wurde am Schwurgerichtshof in München verhandelt, die Räuber bekamen bis zu zehn Jahre Zuchthaus. Josepha kam mit "nur" acht Jahren Arbeitshaus davon, weil sie bei den Überfällen lediglich "Schmiere gestanden" hatte.

Eigentlich sollten Film und Buch bereits Ende 2020 erstmals präsentiert werden - "sofern uns Corona nicht noch einen Strich durch die Rechnung macht", fügte Ernst Keller bereits im Sommer vorsichtig hinzu. Mittlerweile sind die Befürchtungen Wirklichkeit geworden. "Sobald es wieder möglich ist", wollen die Beteiligten - von Keller über Stadtarchivar Florian Notter bis hin zum Fink Verlag - aber einen neuen Zeitplan aufstellen.

Womöglich geht es da auch schon wieder um ein nächstes Projekt: Neben den historischen Kriminalfällen hat Keller sich auch mit der Geschichte der Freisinger Stadttore sowie mit Freisinger Wirtshaus- und Soldatengeschichten beschäftigt. Dabei ist so viel Stoff zusammengekommen, dass daraus auch noch ein zweites Buch werden könnte.

© SZ vom 12.01.2021 / bg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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