Neufahrn:Orientalische Musik stößt auch die letzten Barrieren um

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Aus dem Treffen von Flüchtlingen, Helfern und interessierten Neufahrnern wurde ein ausgelassenes Tanzfest im Pfarrsaal von St. Franziskus. (Foto: privat)

Aus dem Kaffeekränzchen mit Flüchtlingen, Helfern und interessierten Neufahrnern wird schnell ein Fest, bei dem alle auf die Tanzfläche streben

Von Alexandra Vettori, Neufahrn

Erst noch war es ein gemütliches Kaffeekränzchen mit Linzer Schnitte, Nussschnecken und Filmvorführung, dann wurde aus dem Treffen von Flüchtlingen, Helfern und interessierten Neufahrnern am vergangenen Samstag ein ausgelassenes Tanzfest im Pfarrsaal von St. Franziskus. Deutsche, Senegalesen, Eritreer, Kurden und Iraker, Männlein wie Weiblein, hielten sich beim traditionellen Tanz Halay an den Händen und schwangen im Takt orientalischer Musik die Hüften. Am Ende waren sich die gut 60 Besucher einig: So etwas müsste öfter stattfinden.

Das Problem ist allerdings immer das dasselbe in Neufahrn: Es gibt keine Räume für größere Gruppen. "Unser Pfarrsaal ist so stark frequentiert, dass wir so etwas nur sporadisch abhalten können", sagte Christine Brandl-Bommer, Pastoralreferentin der Pfarrei St. Franziskus, "deshalb sind wir auf der Suche nach anderen Räumlichkeiten, wo wir öfter mal so was machen können, ein Eine-Welt-Café oder auch mal ein Tanzfest". Schon das Sommerfest von Flüchtlingen und Helfern sei wunderbar gewesen, erzählen alle, die dabei waren, den Film, den Josef Bornhorst damals drehte, hat man sich jetzt beim Kaffeeplausch gemeinsam angeschaut, mit viel Hallo.

80 Flüchtlinge leben momentan in Neufahrn, in vier Einrichtungen. Teilweise sind sie schon seit Jahren da, viele haben inzwischen Arbeit gefunden. Auch wenn derzeit von einer Gruppe besorgter Neufahrner auf Facebook Stimmung gegen die geplante Traglufthalle am Sportpark gemacht wird - wirkliche Probleme mit Asylbewerbern gibt es bislang nicht im Ort. Im Gegenteil: Beim dem Kaffeeklatsch am Samstag war hautnah zu erleben, dass die Realität des Flüchtlingsalltags in Neufahrn eine andere ist, als die, die in der denkwürdigen Silvesternacht in Köln zu sehen war. Im Neufahrner Pfarrsaal waren Menschen aus aller Herren Länder einträchtig versammelt, junge Männer genauso, wie junge Mädchen und Mütter mit Kindern.

Dass man auch dem orientalische Mann Unrecht tut, wenn er nur als "grabschender Angstfaktor" wahrgenommen wird, führte eine Gruppe junger Kurden vor: Sie brachten nicht nur die Tanzmusik mit, sondern steckten die Anwesenden auch mit ihrer Begeisterung an, von den eindrucksvollen Solo-Darbietungen ganz abgesehen. Drei junge Frauen aus Eritrea drückten sich erst noch scheu an die Wand, doch schließlich waren auch sie auf der Tanzfläche. Auch die Deutschen schienen erst ein wenig überrascht. "Nach dem Film haben einige Flüchtlinge gesagt, sie würden jetzt gerne tanzen, dann haben wir die Tische halt auf die Seite geschoben und los ging es", erzählt eine Helferin lachend. Christina Brandl-Bommer, noch erhitzt vom Tanz, sagte später lachend: "Da kommt eine ganz andere Stimmung auf, als beim Reden."

Eine betagte Dame mit Rollator verlässt später den Saal und verabschiedete sich von einer Helferin mit den Worten: "Das ist sehr nett, und ich bin beeindruckt, wie gut sie schon Deutsch gelernt haben."

© SZ vom 18.01.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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