Neufahrn:Einfachste Wohnungen statt Container

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Neufahrn geht von einer steigender Zahl von Obdachlosigkeit bedrohter Menschen aus. Darunter auch Familien

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Die Appelle werden immer drängender: Neufahrn braucht dringend Einfachstwohnungen. Das unterstreicht Sozialpädagogin Felizitas Schmitz auch in ihrem jetzt vorgelegten Jahresbericht zur Obdachlosenbetreuung 2014. Vergangenes Jahr waren demnach bereits 42 Menschen - darunter auch Familien - in den Notunterkünften untergebracht. Für die Zukunft rechnet Schmitzt mit einer weiter steigenden Zahl von Hilfesuchenden und damit, dass die Betroffenen wegen des Mangel an bezahlbarem Wohnraum noch länger als bisher bleiben müssen.

Die vorhandenen Container seien aber gerade für Familien, Schwangere und Behinderte nicht wirklich geeignet, mahnt Schmitz: Es gebe keine Kochgelegenheiten, keine getrennten Gemeinschaftsduschen für Frauen und Männer und auch keine Waschmaschinen und Kühlschränke, die für alle zugänglich seine. Deshalb würden unbedingt noch andere Unterbringungsmöglichkeiten benötigt, in denen die Betroffenen "ansatzweise menschenwürdig" unterkommen könnten und ihnen "das Mindestmaß an Privatsphäre" ermöglicht werde, betont Schmitz.

Aus sozialpädagogischer Sicht, so ihr Resümee, befürworte sie deshalb dringend die Errichtung von Einfachstwohnungen. Ein Konzept für sozialen Wohnraum entwickelt die Gemeinde inzwischen für das ehemalige "Aurelis-Grundstück" nördlich der Bahn, erst vor kurzem hat der Gemeinderat mehrheitlich die möglichst schnelle Sanierung des belasteten Areals für geschätzt 400 000 Euro beschlossen ( wir berichten).

Das ruft freilich auch Kritiker auf den Plan. Marc Bosch, der in der Vergangenheit schon den Widerstand gegen einen Container-Komplex für Asylbewerberunterkünfte an dieser Stelle organisiert hatte und sich inzwischen auch im CSU-Ortsvorstand engagiert, spricht von Geldverschwendung. Zu den 400 000 Sanierungskosten kämen Folgekosten in bis heute nicht bekannter Höhe. Es sei "peinlich und womöglich sogar fahrlässig, die Gemeine weiter in die Schulden zu treiben und alles das im Namen von Asylbewerben und Obdachlosen, so Bosch. Er wäre stattdessen für den Verkauf des Grundstücks, und mit dem Erlös könnten Eigentumswohnungen und Häuser angekauft werden, um dort Obdachlose und Asylbewerber unterzubringen, so seine Überlegung.

An einen Verkauf ist freilich nicht gedacht - im Gegenteil. Im Rathaus wird weiter an einem Konzept für Sozial- oder Einfachstwohnungen gearbeitet. In der Gemeinderastsitzung am heutigen Montag, 22. Juni, um 19 Uhr, geht es deshalb um einen Bebauungsplan für das frühere "Aurelis-Grundstück".

Felizitas Schmitz will einstweilen weiter versuchen, Betroffenen anders zu helfen und dazu beizutragen, dass es erst gar nicht zur Obdachlosigkeit kommt. 35 Einzelpersonen und Familien hat sie 2014 mit diesem Ziel beraten. In manchen Fällen hat eine einmalige Beratung genügt, um eine weitere Eskalation zu vermeiden - etwa durch die Beantragung von Wohngeld oder eine Einigung zwischen Vermietern und Mietern. In anderen Fällen wurden zum Beispiel Frauen in ein Frauenhaus vermittelt oder ein Räumungsaufschub erreicht. In neun Fällen wurde eine neue Wohnung gefunden, berichtet Schmitz, "keine davon befindet sich in Neufahrn".

Die Sozialpädagogin unterstützt auch Ismet Erturul bei der Ausländerberatung im Rathaus, die vergangenes Jahr 61 mal angeboten wurde. Im Durchschnitt kamen fünf Personen aus unterschiedlichen Nationen. Oft ging es um Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen, bei Schreiben an Behörden oder bei Übersetzungen von Bescheiden. "Auffallend hoch" war aber auch der Anteil der Bürger, die wegen Wohnungsproblemen kamen, wie es im Jahresbericht der Ausländerberatung heißt.

© SZ vom 22.06.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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