Neues Gesicht:Profis am Werk

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In einer großen Halle lagern auf dem früheren Müller-Gelände in kilometerlangen Regalen derzeit auch 350 000 Bücher der sanierungsbedürftigen Bibliothek auf dem Freisinger Domberg. (Foto: Marco Einfeldt)

Bei einem Rundgang auf dem ehemaligen Müller-Gelände in Neufahrn lobt Bürgermeister Heilmeier den neuen Eigentümer JMH, der 16 Millionen Euro in den Gewerbepark investiert hat. Dort sind derzeit 15 Firmen angesiedelt

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Das frühere Müller-Brot-Gelände hat ein neues Gesicht bekommen, und das haben sich die jetzigen Eigentümer einiges kosten lassen: Auf 16 Millionen Euro beziffert Joachim Häring von der JMH-Immobilien-Projekt-GmbH die reinen Bauinvestitionen: "Das ist mehr als wir ursprünglich gedacht hatten." Dächer und Fassaden wurden erneuert, die Gebäude entkernt und sogar die Böden herausgefräst. Nun ist alles "von Grund auf saniert" und entspricht neuesten Energiestandards, betonte Häring bei einem Rundgang mit Rathausvertretern und Gemeinderäten. Ein Parkhaus ist noch im Bau.

Die 43 000 Quadratmeter Gewerbeflächen dagegen sind komplett vermietet, und "wir haben einen guten Branchenmix", freut sich Häring. 15 Unternehmen haben sich auf dem 4,3 Hektar-Gelände angesiedelt - mit 188 Mitarbeitern. Es ist eine Zahl, auf die Häring besonders hinweist. Denn JMH muss gemäß der Stellplatzsatzung trotzdem 586 Stellplätze für Autos und 173 Fahrradständer nachweisen. Allein für die Staatsoper, die Bühnenrequisiten in Neufahrn lagert, sind es wegen der 5000 Quadratmeter 50 Stellplätze. Dabei komme nur ein- bis zweimal pro Woche ein einziger Opern-Mitarbeiter, so Häring.

Hier werde man aber eine Lösung finden, ist der Unternehmer überzeugt, und die Gemeindevertreter haben nicht widersprochen. Dafür gab es viel Lob für die Projektentwickler: Die Zusammenarbeit sei sehr gut, man habe es hier mit wirklichen Profis zu tun, stellte Bürgermeister Franz Heilmeier anerkennend fest. Nach der "nicht erfreulichen Entwicklung" der Vergangenheit sei er sehr froh über die jetzige Situation, so der Rathauschef in Anspielung auf den Skandal um Müller-Brot und die Insolvenz der Großbäckerei.

Das Filialnetz hat danach die Höflinger-Müller-GmbH, übernommen, die mit ihrer Firmenzentrale auch in Neufahrn geblieben ist. Franz Höflinger zeigte die Besucher die riesige Halle, von der aus die in Landau produzierten Backwaren an 150 Filialen weiterverteilt werden. Auch Verpackungen, Butter, Getränke und was sonst in den Läden benötigt wird, wird in Kisten gepackt und verladen. Wenn das Parkhaus fertig ist, wird dafür auch nicht mehr nur die Ein- und Ausfahrt an der Ludwig-Erhard-Straße genutzt, sondern der Verkehr wird über die Zeppelinstraße geführt, wie Häring ankündigte: "Dann gibt es für den Ort noch weniger Emissionen."

Erster Mieter der JMH Immobilien war die Firma Belfor, die auf die Sanierung von Brand-, Wasser- und Sturmschäden spezialisiert ist und in Neufahrn auch spezielle Sanierungschemikalien entwickelt. Es finden zudem Mitarbeiter-Schulungen und Kunden-Seminare statt. Bei der Führung bekamen die Besucher auch das "Haus im Haus" zu sehen, in dem zum Beispiel Wasserschäden simuliert und die Trocknung geübt werden kann.

In der Praxis hat Belfor etwa nach einem Großbrand bei Wiesenhof in Niederdachsen gearbeitet. "Machen Sie das auch in denkmalgeschützten Gebäuden?", erkundigte sich Bauamtsleiter Michael Schöfer augenzwinkernd und in Anspielung auf das schwer beschädigte alte Mesnerhaus an der Dietersheimer Straße.

Sichtlich beeindruckt hat die Gemeinderäte auch die Stippvisite in dem großen, hohen Raum, in dem derzeit auf elf Regalkilometern 350 000 Bände aus der sanierungsbedürftigen Freisinger Dombibliothek gelagert sind. Auf einem einzigen Quadratmeter lasten bis zu 1500 Kilogramm. Damit die historischen Bücher nicht Schaden nehmen, ist auch eine aufwendige Klimatisierung nötig. Ähnlich ist es im benachbarten Lager der Bayerischen Staatsbibliothek. Zu den Mietern gehören aber etwa auch eine Schaukelpferdfirma, Spezialisten für Sprinkleranlagen und Flüssigsauerstoff, ein Startup-Unternehmen für "Power-Drinks", ein Internet-Autohändler und Speditionen.

Den Sitz der Firma JMH, die eigens für die Geschäfte im Raum München gegründet worden ist, wurde bewusst nach Neufahrn verlegt, wie der Donaueschinger Unternehmer Häring berichtete. Man wolle hier auch Gewerbesteuern zahlen. Ursprünglich sollte JMH nur als Investor gewonnen werden, um Müller-Brot noch zu retten, erzählte er. Als feststand, dass Großbäckerei nicht zu retten ist, habe JMH sich dann zum Kauf des Geländes entschlossen. Die Nachfrage potenzieller Mieter war dann so groß, dass JMH inzwischen auch das ehemalige Kontron-Gebäude in Eching erworben hat. Nach Abschluss der Projektentwicklung wird sich Christian Vogg, der Sohn von Härings Geschäftspartner, um das Bestandsgeschäft kümmern.

© SZ vom 18.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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