Neuer Kollege in der Gemeindeverwaltung:Tatkräftige Hilfe für Obdachlose

Lesezeit: 2 min

Büroarbeit gehört bei der Betreuung von Obdachlosen natürlich dazu. Peter Ketzer-Yilmaz möchte sich auch Zeit für die betroffenen Menschen nehmen. (Foto: Einfeldt)

Peter Ketzer-Yilmaz, 31, betreut in Neufahrn Menschen, die keine Bleibe haben. Er arbeitet im Team mit Felizitas Schmitz und schließt sich ihrem dringenden Ruf nach mehr bezahlbaren Wohnungen an

Von Birgit Grundner, Neufahrn

Was Peter Ketzer-Yilmaz über sich selbst erzählen mag, ist schnell gesagt: Er ist 31 Jahre alt, stammt aus Altötting, lebt mit seiner Frau in Landshut, hat nach einer kaufmännischen Ausbildung das Abitur nachgemacht und soziale Arbeit studiert. Danach war er in München zunächst "im Obdachlosenbereich" tätig - und an dieser Stelle ist Peter Ketzer-Yilmaz nun wirklich voll in seinem Element. Man spürt: Er "brennt für seine Arbeit", wie es in solchen Fällen gerne heißt, und er setzt sie nun in Neufahrn fort: Seit kurzem ist der 31-Jährige als Obdachlosenbetreuer der Gemeinde tätig.

Er bildet dort ein Team mit Felizitas Schmitz, die sich bereits seit drei Jahren in Neufahrn um Obdachlose und die Vermeidung von Obdachlosigkeit kümmert. Immer wieder hat sie seitdem mit eindringlichen Berichten darauf hingewiesen, dass die Zahl der Obdachlosen steige, dass zunehmend Familien und eigentlich "mietfähige" Menschen betroffen seien, dass immer schwerer Wohnungen zu bekommen seien, um Neufahrner etwa nach Eigenbedarfskündigungen vor dem Umzug in die Container zu bewahren oder sie von dort wieder herauszubekommen. Nicht nur einmal hat Schmitz durchblicken lassen, dass sie dringend Verstärkung bräuchte, die sie nun mit Ketzer-Yilmaz bekommen hat.

Der neue Kollege kümmert sich nun auch um einen Teil der 35 Menschen in den Notunterkünften neben dem Park-and-Ride-Platz, am Fürholzer Weg und Am Sportplatz. Und schon nach den ersten Wochen lautet auch sein dringendster Appell: "Wir brauchen unbedingt Wohnungen." Egal ob groß oder klein, "es darf auch ruhig ein Austragshäuserl sein". Alles sei besser als eine Containerunterbringung.

Wichtig sei nur ein angemessener Preis. Denn - und das kritisiert Peter Ketzer-Yilmaz mehrmals - die Mietobergrenzen des Jobcenters seien ein echtes Problem und "stehen der Integration im Weg". 570 Euro Kaltmiete für zwei Personen, 458 Euro für eine Person, 675 Euro für eine vierköpfige Familie - dafür ist in einer Gemeinde wie Neufahrn praktisch nichts zu haben. Da hilft es auch nicht viel, dass Ketzer-Yilmaz täglich die gängigen Internetportale nach Immobilien durchforstet und seinen Klienten gegebenenfalls bei Bewerbungen hilft.

Deshalb hofft er nun auf den einen anderen Erfolg seines Appells und versucht, mögliche Ängste bei potenziellen Vermietern abzubauen. So bieten er und Felizitas Schmitz zum Beispiel eine "Nachsorge" für die Mieter an und stehen damit auch als Ansprechpartner für die Vermieter zur Verfügung. Das zweiköpfige Team teilt sich bei der Obdachlosenbetreuung freilich nicht nur die Arbeit. Genauso wichtig ist der Austausch, "auch für einen selbst", betont Peter Ketzer-Yilmaz. "Man ist ja den ganzen Tag mit zum Teil heftigen Schicksalen konfrontiert." Außerdem könne man zu zweit auch besser neue Ideen entwickeln und damit besonders effektiv arbeiten.

Zugute kommen ihm bei der Arbeit seine Erfahrungen aus München. Auch dort war er für aufsuchende Sozialarbeit bei Obdachlosen und für die Vermeidung von Obdachlosigkeit zuständig. Er hat Zwangsräumungen begleiten müssen, die für die Betroffenen einen schweren Eingriff in ihr Leben bedeuten und oft psychische Krisen auslösen - aber auch ein Neuanfang sein können, wie Ketzer-Yilmaz betont. Später war er dann in München in der Asylsozialberatung tätig und damit "Ansprechpartner für alle Probleme" in städtischen Asylbewerberunterkünften.

Von einer "massiven Belastung" und von "Gesprächen im Fünf-Minuten-Takt" erzählt er und deutet an: "Das war nicht die Arbeitsqualität, die ich leisten wollte." Er wollte stattdessen zurück zur Obdachlosenbetreuung und zur Arbeit bei der Vermeidung von Obdachlosigkeit. Und er wollte mehr Zeit für die Menschen haben und sie auch weiterbetreuen können, wenn sich die Obdachlosigkeit und der Umzug in die Container trotz aller Bemühungen nicht vermeiden lassen. In Neufahrn sei all das nun möglich, freut sich der 31-jährige Sozialpädagoge: "Eigentlich ist es mein Traumjob."

© SZ vom 29.08.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: