Nach dem Kahlschlag:Ein Heim für Schmetterlinge und Reptilien

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Am Amper-Überleitungskanal forsten die Münchner Stadtwerke wieder mit Bäumen und Sträuchern auf. An der Böschung ist eine bunt blühende und artenreiche Wiese vorgesehen

Von Alexander Kappen, Moosburg

Der Aufschrei unter Lokalpolitikern und Bürgern war groß, als die Stadtwerke München (SWM) im vergangenen Herbst mit schwerem Gerät anrückten und entlang des Amper-Überleitungskanals zwischen Schwimmbad und der ehemaligen Bundesstraße 11 (jetzt Staatsstraße 2350) diverse Bäume und Sträucher abholzten. Wenngleich die Maßnahmen vom Landratsamt genehmigt und im Rahmen der Unterhaltspflicht der SWM zur Sicherung der Uferböschung notwendig waren, kritisierten viele Moosburger die mangelnde Informationspolitik sowie das Ausmaß der Rodungen. Sie sprachen von "Umweltfrevel" und fürchteten um ein beliebtes Naherholungsgebiet. Nachdem SWM-Wasserwerksleiter Dimitrios Nikolaidis vergangenen Oktober das Thema mit den Mitgliedern des Moosburger Bauausschusses erörtert hatte, wurde diese Woche im Stadtrat nun das Gestaltungskonzept für die Renaturierung des Kanalufers vorgestellt.

Während die Untere Naturschutzbehörde des Landratsamtes zunächst nur die Anpflanzung von Magerrasen vorsah, sollen nach Absprache aller Beteiligten jetzt auch Sträucher und Bäume angepflanzt werden. Laut Konzept sollen entlang des Kanals die nicht gefällten Bäume durch zwölf neue zu einer Baumreihe ergänzt werden. "Um die Erlebbarkeit zu steigern, sollen die bestehenden, auf den Stock gesetzten Sträucher wieder aufkommen und eine Strauchhecke bilden, welche niedrig zu halten ist", hieß es in der Sitzungsunterlage weiter. Um die Struktur aufzulockern, soll die Hecke aber nur abschnittsweise entstehen. Auf der Böschung "ist eine magere, bunt blühende und artenreiche Wiese vorgesehen, die als Vernetzungsachse sowie Nahrungshabitat für wärmeliebende Arten wie Reptilien, Schmetterlinge und Wildbienen dient". Dabei könne man etwa eine Saatgutmischung aus heimischen Blumen und Gräsern verwenden.

Das Konzept sei so ausgelegt, hieß es in der Sitzungsunterlage, "dass die technischen und betrieblichen Anforderungen an die wasserbaulichen Anlagen am Amper-Überleitungskanal gewährleistet werden können". Gleichzeitig werde dem Erholungswert am Gewässer sowie der Kulisse für die Anwohner Rechnung getragen.

Hundertprozentig glücklich waren dennoch nicht alle Stadträte mit der Vorgehensweise. Erwin Köhler (UMB) etwa war "überrascht und enttäuscht, dass wir im Stadtrat das Konzept nur zur Kenntnis nehmen dürfen". Ein formeller Beschluss wurde nicht gefasst. Zudem verwies Köhler auf die Schleuse an der Kippe. "Dort hatten wir mehrfach das Problem, dass Äste und Totholz eingeklemmt waren und die Schleuse sich nicht mehr schließen ließ." Bei Hochwasser hätten daher einige Bürger nasse Keller, weshalb er bedauere, "dass die Bäume jetzt wieder unmittelbar am Kanal gepflanzt werden und der Hochwasserschutz vollkommen außer Acht gelassen wird". Die Bäume würden zwischen dem Uferweg und dem Kanal gepflanzt und nicht unmittelbar an der Böschung, entgegnete Stadtgärtner Sebastian Kreitmeier. In Abstimmung mit dem Landratsamt sei ein "insgesamt schlüssiges Konzept" erarbeitet worden, "über das wir gesagt haben: So könnten wir es uns vorstellen". Aber natürlich müssten die Bäume am Ufer gepflegt werden. "Die Stadtwerke haben da so viel abgeholzt, weil sie Jahre lang nichts gepflegt haben - ich weiß nicht, wie man auf die Idee kommt, dass sie das jetzt plötzlich pflegen", meinte Mike Hilberg (UMB).

Sein Fraktionskollege Alfred Wagner wies darauf hin, "dass die Stadtwerke damals mehr Bäume gefällt haben als genehmigt waren - wenn sie jetzt neue pflanzen, ist das keine Zugeständnis, sonder nur die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands". Die SWM hätten ja nicht alle Bäume gefällt, "das haben wir verhindert", sagte Kreitmeier: "Und wir haben dafür gekämpft, dass zwölf statt der geplanten zehn Bäume neu gepflanzt werden." Michael Stanglmaier (Grüne) meinte, "Richtung alte B11 könnte man noch mehr pflanzen". Insgesamt sei das Konzept aber "besser als nur Magerrasen". Er wunderte sich jedoch, dass kein Vertreter der SWM erschienen war, "obwohl das Thema in Moosburg sehr emotional diskutiert worden ist - aber wahrscheinlich ist das den Stadtwerken nicht wichtig genug"

© SZ vom 22.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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