"Musik für Schüler":Ein Menuett ist kein Nachtisch

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Adam Sanches (Tenor) tanzt ein Menuett mit den Echinger Mittelschülern. Begleitet wird er von Johannes Erkes an der Viola. (Foto: Marco Einfeldt)

Die Echinger Grund- und Mittelschule an der Danziger Straße hat ein außergewöhnliches Klassik-Projekt für die fünften und sechsten Klassen angeboten

Von Klaus Bachhuber, Eching

Irgendwann haut der Mann am Piano aber ganz kräftig in die Tasten. Was vermittelt das? "Angst!" meldet spontan ein Fünftklässler, "Wut" erlebt ein anderer. Pianist Georg Roters erinnert nochmal summend an den Anfang des Stückes. War's da auch schon so heftig? "Anfangs war es freundlich", beschreibt ein Mädchen. Nun gut, bilanziert Roters das "Impromptu op. 90 Es-Dur" von Franz Schubert, das er gerade vorgetragen hatte, "es war ein bisschen wie Tom & Jerry": Erst trippelt die Maus übers Klavier, dann kommt der Kater und haut mit der Bratpfanne auf die Tasten - und am Ende Wut, denn natürlich kriegt er sie nicht...

Unter dem schlichten Titel "Musik für Schüler" hat die Echinger Grund- und Mittelschule an der Danziger Straße jetzt ein außergewöhnliches Projekt für die 5. und 6. Klassen angeboten. Professionelle Musiker haben in drei ganz besonderen Konzerten den Kindern klassische Musik nähergebracht: Durch Zuhören, mit Erklärungen, durch unterstufengerechte Analogien und auch durchs Selbermachen. Immer wieder durften die Kinder dabei mitsingen und auch mittanzen - und zum Abschluss gab's für alle Schnupperkurse an einem Instrument geschenkt. "Musikunterricht wird gerade bei unseren Mittelschülern vernachlässigt", hat Initiatorin Sybille Schmidtchen das Projekt begründet, "der musischen Bildung durch Musikunterricht kommt aber in der Entwicklung eines jungen Menschen ein wichtiger Stellenwert zu." Das Echinger KulturForum, dessen Vorsitzende Schmidtchen ist, hat daher das Projekt der in München ansässigen "Internationalen Stiftung zur Förderung von Kultur und Zivilisation" in Zusammenarbeit mit dem Kultusministerium nach Eching geholt.

Die Schule zeigte sich ausnehmend aufgeschlossen. An drei Vormittagen kamen nun die unterschiedlichsten Instrumentalisten in den Gymnastikraum der Schule und spielten und erklärten Stücke von Chopin bis Leonard Cohen. Am Donnerstag musizierten der Bratschist Johannes Erker, der Künstlerische Leiter des Projekts, Georg Roters, Multiinstrumentalist, und Tenor Adam Sanchez von der Staatsoper Leipzig, ein richtiger aktiver Profi, quasi aus der Bundesliga der Musikalität, wie den Kindern erklärt wurde.

Auch wenn jetzt rund 80 Schüler aus vier Klassen zusammen den Refrain von "Funicula, Funicula" sangen und sogar, wenn auch der Rektor Gerhard Röck begeistert mitsang - gegen Sanchez' Stimme konnten sie alle miteinander einfach nicht ansingen. Woran liegt denn das? "Seine Stimme ist viel..., viel...", erklärte ein Fünftklässler und ruderte mit den Armen. Genau, das ist sie. "Er kann das stundenlang machen", versicherte Erkes sogar, "und wird nicht mal heiser dabei."

Seit 2009 hat die Stiftung rund 1350 Konzerte für mehr als 100 000 Kinder direkt in den jeweiligen Schulen ausgerichtet. "Die positiven Nebenwirkungen des Musizierens sind längst wissenschaftlich nachgewiesen", sagt Gabriele Mantaj aus der Stiftungsleitung und zählt auf: "Steigerung von Konzentration, Genauigkeit, Gedächtnis." Schmidtchen findet, Musik fördere "die Sprachentwicklung, die Konzentration, das Sozialverhalten, Musizieren intensiviert und inspiriert die Sinne, Musik stärkt das Selbstbewusstsein, Musik macht Kinder kreativer".

Faszinierend fand sie, dass den jungen Menschen "mit der klassischen Musik ein Bereich nahe gebracht wird, zu dem sie in der Regel keinen Zugang haben". Ein Menuett etwa. Sydney und Lea wissen jetzt definitiv, dass das kein Nachtisch ist, sondern ein Tanz, wenn auch ein etwas gestelzter, zu dem sie an den Händen von Tenor Adam Sanchez durch den Gymnastikraum tanzen durften. "Absolut begeistert" zeigte sich Schmidtchen nach den drei Konzerten und erteilte den Musikern das Maximallob aus Sicht einer Ex-Lehrerin: "Die Kinder haben wirklich zugehört."

© SZ vom 29.03.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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