Kapelle am Haager Schloss:Auferstanden im Maßstab 1:87

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Der Eigentümer, Graf Guy von Moy, hatte einst den Abriss beantragt: Jetzt zeigt ein Modell, wie die Kapelle am Haager Schloss einmal ausgesehen hat - und bald wieder aussehen könnte.

Von Katharina Aurich, Haag

Fast 20 Jahre ist es her, dass Bagger den letzten Flügel des Haager Schlosses samt der kleinen Kapelle, die daran angebaut war, abgerissen haben. Jetzt ist das Bauwerk als kleines Modell im Maßstab 1:87 wieder auferstanden, umgeben von einem originalgetreu nachgebauten, wunderschönen Garten und erinnert daran, dass mit der Abrissgenehmigung eigentlich die Verpflichtung zum Wiederaufbau der Kapelle verbunden war. Die wertvollen Einrichtungsgegenstände, unter anderem Stuckreliefs und Figuren, sind seitdem an verschiedenen Orten eingelagert.

Heute ist es kaum mehr vorstellbar, dass Haag ein Herrschaftszentrum der Grafen von Lodron war. "Das Schloss von Haag an der Amper wurde 1779 über einem Vorgängerbau errichtet und bereits im Jahr 1854, bis auf einen kleinen Gebäuderest, in großen Teilen beseitigt. Der bauliche Restbestand der Schlossanlage war in den 1990er Jahren in einem desolaten Zustand, das Dach war eingestürzt. Die nördlich an den Bestand anschließende Schlosskapelle befand sich ebenfalls in einem schlechten Zustand, weshalb der Abbruch beider Gebäude von Seiten des Bayerischen Landesamt für Denkmalschutz 1997 hingenommen wurde", schreibt die Behörde.

Ende der neunziger Jahre gab das Landratsamt die Erlaubnis zum Abriss

Der Eigentümer des Ensembles, Graf Guy von Moy, hatte den Abriss beantragt, der Gemeinderat Haag mit einer Stimme Mehrheit zugestimmt. Das Landratsamt erteilte dann die Genehmigung, "der Abbruch wurde zeitnah vollzogen und Schloss und Kapelle aus der Denkmalliste gestrichen".

Die Gebäude sind zwar verschwunden, aber die Erinnerung ist bei vielen älteren Haagern lebendig und sie denken anhand alter Fotos gerne an vergangene Zeiten. Diese Bilder nahm Günter Schreiner, Mitglied bei den Modellbahnfreunden "Bockerl fahr zua", als Vorlage für sein täuschend echtes Modell. Denn die Modellbahnfreunde bauen nicht nur Eisenbahnschienen, sondern sind vor allem leidenschaftliche Fans der Heimatgeschichte und wollen die Erinnerung daran bewahren. Als Haager komme man nicht an dem Schloss vorbei, meint Schreiner begeistert. Deshalb baute er den letzten, bis 1998 vorhandenen Schlossflügel samt angebauter Kapelle in Miniaturform nach.

Christian Hofmair rettete das historische Brauhaus

Aber dies solle nur der Anfang und Anstoß für die tatsächliche Wiedererrichtung der Kapelle sein, sagt Schreiner. Nicht nur er und seine Modellbahnfreunde, sondern einige Haager Bürger wie Hildegard Schwede, die neben dem Schloss aufwuchs, wünschen sich den Wiederaufbau der Kapelle. Was sich wie ein Traum anhört, war damals, als die Abrissgenehmigung erteilt wurde, eigentlich vorgesehen. Denn im ehemaligen Schlossgarten war ein Altenheim geplant, in das die Kapelle hätte integriert werden sollen. Aus diesen Plänen wurde jedoch nichts. Graf Guy von Moy hat dann die Verpflichtung, die Kapelle wieder aufzubauen, 2004 an den inzwischen verstorbenen Christian Hofmair abgetreten. Dieser hatte 1998 das historische Brauhaus von Moy ersteigert und rettete es vor dem selben Schicksal wie Schlossflügel und Kapelle. Er plante, die Kapelle neben dem Brauhaus wieder zu errichten.

Inzwischen führt seine Familie sein Lebenswerk fort, das Brauhaus ist inzwischen vollständig saniert und die Außenanlagen werden gerade angelegt. Im Moment sei die Kapelle kein Thema, erst werde das Brauhaus komplett fertig gestellt, sagt Anton Hofmair. Bis dahin werden die Stuckfragmente, der Altar, die Herrschaftsempore, Fenster und Gebetsbänke, die beim Abbau größtenteils in ihre Einzelteile zerlegt wurden, weiterhin beim Landratsamt, bei Hofmair selbst und in verschiedenen Werkstätten aufbewahrt, informiert Pressesprecherin Eva Dörpinghaus. Immerhin erinnert das Modell der Eisenbahnfreunde an die unvollendete Geschichte und vermittelt einen Eindruck vom letzten Schlossflügel. Die Modellbahnfreunde planen einen Vortrag zum ehemaligen Schloss, Kapelle und Brauhaus mit historischen Fotos und Filmen.

© SZ vom 30.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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