MITTEN IN NEUFAHRN:Der Müll muss weg

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Glosse von Alexandra Vettori

Trashtag Challenge heißt ein neuer Trend in sozialen Netzwerken, bei dem weltweit junge Leute vermüllte Orte aufräumen und Vorher-Nachher-Bilder und natürlich sich selbst nach getanem Werk posten. Verkehrsinseln in Nepal erstrahlen da ebenso in neuer Frische wie Strände in Mexiko oder Grünflächen in den USA. Endlich mal eine sinnvolle Aktion auf Facebook, Instagram, Twitter und Co, jubeln auch kritische Beobachter der digitalen Spielwiese.

"Das könnte man doch auch hier machen, es liegt überall so viel Müll rum", sagt denn auch die Social-Media-affine Tochter des Hauses, als sie von einer Gassirunde mit dem Hund des Hauses zurück kommt. Seufzend fügt sie an, "leider vergesse ich die Mülltüte immer." Auf die mütterliche Auskunft, so etwas gebe es schon, folgt ein interessierter Augenbrauen-Ruck nach oben. In vielen Orten gebe es das, setzt sich die mütterliche Erzählung aus dem Real-Life vor der Haustür fort, Ramadama heiße das oder auch Aktion "saubere Landschaft", jährlich riefen viele Gemeinden dazu auf. Auch die Mutter merkt, "Trashtag-Challenge" hört sich natürlich um einiges cooler an, die töchterliche Augenbraue sinkt schon ein wenig.

Der nächste Termin in der Heimatgemeinde sei übriges gleich nächste Woche, Samstag, 13. April. Dann träfen sich die Helfer und rückten in Gruppen in vorher festgelegte Gebiete aus. Die Augenbraue sinkt weiter, nach selbstbestimmter Helden-Arbeit klingt das nicht, auch sieht man förmlich die Bilder des inneren Auges: Die Trashtag-Challenge-Aktivistin in einer Horde Gummistiefel- und Windjackenbewehrter Helfer inmitten von grauen Müllsäcken... dürfte schwer werden, das Instagram-tauglich in Szene zu setzen. Auch die Aussicht auf die von der Gemeinde spendierte Brotzeit zum Schluss weckt nicht wirklich Begeisterung. Und dann stürzt die Augenbraue ins Bodenlose, als die Uhrzeit des Treffs folgt: 8.30 Uhr. An einem Samstag.

"Vielleicht", meint die Tochter des Hauses in unverbindlichem Ton, "denke ich ja doch mal an die Tüte."

© SZ vom 12.04.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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