Mitten in Freising:Wasserbomben in der Endlosschleife

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Der Lockdown ohne funktionierenden Fernseher. Das kann zum Problem werden

Kolumne von Birgit Goormann-PrUgger

Neulich im Norden von Freising. In den frühen Morgenstunden, so gegen 6 Uhr, als man noch selig schlummert, kommt es in der Stadt zu einem großflächigen Stromausfall. Als man so gegen 9 Uhr aus dem Bett stolpert, wundert man sich zunächst darüber, dass die digital gesteuerte Küchenuhr am Backofen hektisch blinkt und 12 Uhr anzeigt, eine Folge des Stromausfalls. Während man noch schlaftrunken versucht, die zeitliche Differenz auf der Armbanduhr und der Backofenuhr in einen Zusammenhang zu bringen, meldet sich das Handy. In der Whatsapp-Gruppe der Wohnanlage scheint gerade ordentlich Betrieb zu sein.

Dort wird üblichweise das beraten, was man in einer Wohnanlagengemeinschaft für ein funktionierendes Miteinander braucht, Verabredungen zum freitäglichen Feierabendbier im Innenhof zum Beispiel, wenn das nicht gerade eine Pandemie verhindert, Glückwünsche zum Geburtstag oder ähnliches. Man kann in dieser Gruppe auch ein bisschen schimpfen, wenn zum Beispiel der Wasserdruck mal wieder nicht stimmt oder gar kein Wasser mehr kommt, was auch schon der Fall war. Diesmal geht es um den Stromausfall in den frühen Morgenstunden. Der ist zwar zu diesem Zeitpunkt schon wieder behoben. Spannungsspitzen beim Hochfahren der Versorgung haben jedoch die gesamte Fernsehempfangsanlage geschrottet. Kurzzeitig geht sogar das Gerücht um, auch die Heizung sei betroffen. Im Lockdown ohne Fernseher und Heizung? Panik macht sich breit.

Nach längeren Debatten in der Whatsapp-Gruppe wird klar. Das mit der Satellitenanlage kann dauern, Ersatzteile müssen bestellt werden, es ist Samstag und überhaupt. Was tun? Besuchen kann man sich ja auch nicht. Das lässt sich mit den geltenden Kontaktbeschränkungen nur schwer vereinbaren. Also wird daheim ein alter verstaubter DVD-Player aktiviert, der schon länger nicht mehr in Betrieb war. Er quietscht und knarzt, aber er läuft. Immerhin.

Merkwürdig ist nur, dass er aus dem durchaus reichhaltigen Angebot an DVDs aus unerfindlichen Gründen nur "Das Boot" akzeptiert, in der Longversion, Director's Cut. Klären lässt sich das nicht. Bis das Ersatzteil da ist, muss die Crew der U 96 die zermürbenden Wasserbombenangriffe also immer und immer wieder durchmachen. Und immer wieder klammert sich der "Kaleun" ans Sehrohr und sagt "Ruhig, Männer, ruhig, das war noch gar nichts...". Hoffentlich meint er nicht Corona.

© SZ vom 05.01.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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