Mitten in der Region:Der Sprech, der nervt

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Tschüsseldorf und Guten Tacho: Warum sich Erwachsene nicht wie Kleinkinder ausdrücken sollten

Kolumne von Thomas Radlmaier

Es heißt, aller Abschied sei schwer. Und letztens auf der Geburtstagsparty eines Freundes, wo mehr Kleinkinder als Erwachsene eine wilde Fete feierten - ein Zeichen dafür, dass das Älterwerden gnadenlos voranschreitet -, verabschiedete sich ein (erwachsener!) Gast allen ernstes, indem er in die Runde winkte und rief: "Tschüsseldorf". Das fanden die Kindergartenbesucher unter den Feiernden natürlich zum Brüllen und kreiselten "Tschüsseldorf, Tschüsseldorf, Tschüsseldorf" rufend durch die Wohnung.

All diejenigen allerdings, die den Kindergarten vor fast etwa einem Vierteljahrhundert oder noch länger erfolgreich abgeschlossen haben, schlugen sich die Hände an die Köpfe und dachten sich vermutlich: Nicht schon wieder diese Leier. Denn der, der sich soeben mit "Tschüsseldorf" verabschiedet hatte, sagt auch gerne mal mit anderen fragwürdigen Abschiedsformeln leise Servus. Es folgen Beispiele: "Bis Denver!", "Bis Baldrian", "Ciao Kakao!", "Tschüssikowski", "Tschüssli Müsli", "Tschau mit Au", "Ich verabscheue mich" oder - der vielleicht schlimmste Gruß - "Auf Video sehen".

Dabei ist das nur die Spitze dessen, was da draußen in der Welt der Sprache existiert, die doch immer weiter zu verrohen scheint. Und das mal ganz abgesehen von den Kommentarspalten auf Twitter, Facebook und Instagram. Denn es gibt Menschen, die "Guten Tacho" sagen, um jemanden zu begrüßen. Zum Bleistift gibt es aber auch Leute, die anstatt zum Beispiel zum Bleistift sagen, Sätze mit an und Pfirsich beginnen oder solche die auf die Frage: Im Ernst? antworten: Nein, im Dieter. Und vermutlich hat jeder diesen einen Bekannten, bei dem man klingelt und der beim Öffnen der Haustür einem mitteilt, dass er ganz sicher nichts kaufen wird.

Puh, dieser vermeintlich witzige Sprech kostet Nerven. Man ist eben einfach zu alt für diesen Kinderschmarrn. Deshalb will man sich an dieser Stelle nicht länger aufhalten und verabschiedet sich. Denn an und Pfirsich ist zum Bleistift der nervige Abschiedsgruß alles andere als Okäse. Gruß an den Rest vom Schützenfest sendet daher der Held vom Erdbeerfeld. Mit gräulichen Füßen!

© SZ vom 10.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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