Mitten im Umbruch:Politik via Fax und Instagram

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Warum Rückschlüsse auf den Kommunikationskanal auch daneben liegen können

Kolumne von Thilo Schröder

Wer wissen will, wofür Kandidaten in der Politik stehen, muss sich kein Parteiprogramm durchlesen. Er muss auch keine Wahlkampfveranstaltungen besuchen, sich auf der Straße Flyer in die Hand drücken lassen oder gar das persönliche Gespräch suchen. Alles viel zu aufwendig und überbewertet. Es genügt ein Blick auf die Medien, die sie zur Kommunikation ihrer Anliegen nutzen.

Ein Beispiel: Als der Freisinger CSU-Kreisverband vor einigen Wochen seinen Landratskandidaten verkündete, tat er dies via Fax. Für alle Digital Natives: Es gibt da diese einer Telefonnummer ähnliche Zahlenreihe, die bei Eingabe in ein druckerähnliches Gerät dafür sorgt, dass ein Dokument an einem anderen Ort aus einem gleichen Gerät ausgespuckt wird. Das nennt man dann ein Fax. Manch einer gibt die Nummer unwissentlich ins Handy ein und ist dann irritiert, wenn nur ein mysteriöses Piepsen am anderen Ende der Leitung ertönt.

Das Fax gilt vielen heutzutage als antiquiertes Kommunikationsmedium. Man könnte aber auch sagen: Es steht für Kontinuität, für das Altbekannte und Verlässliche, für ein Misstrauen in das allzu Futuristische. Einmal ausgedruckt, kann ein Fax nicht versehentlich gelöscht werden, wie etwa eine E-Mail.

Dem Fax gegenüber stehen hippe Onlinedienste wie Instagram. Der Landratskandidat der Liberalen im Landkreis beispielsweise ist auf dieser Plattform sehr aktiv. Fast rechnete man damit, er würde seine Kandidatur via Instagram-Story mitteilen. Für alle weniger digital Bewanderten: Das ist eine Art virtuelles Post-it, das mit Bildern oder Videos ausgeschmückt werden kann, allerdings nach 24 Stunden wieder spurlos verschwindet.

Die Instagram-Story, das lässt sich sagen, steht für so ziemlich alles, wofür das Fax nicht steht: Spontanität, virtuelle Nähe, Innovation. Sie steht aber auch für Schnelllebigkeit und Vergänglichkeit, manch einen verführt sie dazu, Privates mit einer breiten Öffentlichkeit zu teilen - was sich für politisch Ambitionierte natürlich nachteilig auswirken kann.

Nun wäre es aber zu einfach, politische Kommunikation in die Extreme Fax und Instagram zu unterteilen. Es gibt da zum Beispiel auch noch Facebook, dominiert von all jenen, die etwas später auf den Digitalisierungszug aufgesprungen sind, sich dort pudelwohl fühlen und fleißig posten. Vielleicht ist diese ganze Theorie mit der Auswahl der Medien aber auch völliger Unsinn. Vielleicht ist bei den Liberalen ja nur das Faxgerät kaputt und niemand hat Lust, es zur Reparatur zu bringen, und die Christsozialen stecken einfach ständig im Funkloch.

© SZ vom 09.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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