Kein Millionen-Kredit:Es wird eng für das Abseits

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Stadt stellt dem Verein, der die Kultkneipe mit Kleinkunstbühne retten will, finanzielle Hilfe in Aussicht und orientiert sich an den Sport-Zuschussrichtlinien. Ob das reicht, ist offen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die Rettung der Freisinger Kultkneipe "Abseits" droht endgültig zu scheitern. Wie aus der am Montag im Finanzausschuss des Stadtrats vorgelegten Finanzierungsberechnung des Kulturvereins Abseits hervorgeht, hätte der Verein insgesamt 1,8 Millionen Euro als zinsloses Darlehen von der Stadt benötigt, um die Ende 2015 geschlossene Kneipe samt Kleinkunstbühne am Herrenweg wie geplant kaufen, renovieren und als Kulturzentrum weiter betreiben zu können. 255 000 Euro würde der Verein aus Förderung und Spenden beitragen, weitere 200 000 kämen aus privaten Darlehen, um die geschätzten Gesamtkosten von mindestens 2,25 Millionen aufzubringen. Der Finanzausschuss aber hat das zuvor von den Grünen beantragte städtische Darlehen abgelehnt - unter anderem, weil die Rechtsaufsicht im Landratsamt eine derartige Förderung einer "im wirtschaftlichen Leben stehenden" Kneipe mit einiger Sicherheit kassieren dürfte. Für den Kredit stimmten die Stadträte von Grünen, ÖDP und Die Linke.

Finanzielle Hilfe wurde dem Abseits-Verein dennoch in Aussicht gestellt. Angelehnt an die Sportförderung der Stadt sollen zehn Prozent der Investitionssumme als Zuschuss fließen und noch einmal so viel als zinsloses Darlehen. Außerdem wird die Stadt eine Bürgschaft für die dann noch fehlende Summe übernehmen - das alles aber immer nur bezogen auf den Teil der Investition, der in den Kulturbetrieb fließt. Für Kneipe und Wohnungen in der Immobilie zahlt die Stadt nichts.

Der Verein selber geht in seiner Rechnung davon aus, dass für Kauf und Sanierung der Immobilie inklusive einer möglichen Renovierung des Eiskellers 2,25 Millionen Euro aufgebracht werden müssen, wobei da der Verkauf einer Wohnung mit 300 000 Euro einkalkuliert ist. Die Stadtverwaltung rechnete in ihrer Vorlage mit 2,55 Millionen inklusive Eiskeller - und abhängig vom Kaufpreis möglicherweise sogar noch 300 000 Euro mehr. In den Kulturbetrieb fließt nach Einschätzung der Verwaltung etwa ein Drittel dieser Summe, der Abseits-Verein geht von mehr aus.

Dessen Vorsitzender Norbert Bürger mochte nach der Sitzung am Montag gar nicht all zu viel sagen. Er räumte ein, dass das Angebot der Stadt deutlich unter der benötigten Summe liege. Bevor man endgültig etwas sagen könne, müssten nun aber die Finanzfachleute des Vereins noch einmal rechnen. Enttäuscht sei er nicht, sagte er: "Ich bin heute eigentlich ohne Erwartungen hergekommen.

Die Frage, wie weit die Stadt einen Kulturverein finanziell unterstützen könne, war im Vorfeld der Ausschusssitzung unter anderem in den sozialen Medien kontrovers diskutiert worden. Wegen juristischer und anderer Bedenken war zuletzt auch Oberbürgermeister Tobias Eschenbacher von seiner anfänglichen Vorstellung, dem Verein ein zinsloses Darlehen der Stadt über mindestens eine Million Euro gewähren zu können, abgerückt. Das Hilfsangebot an die Abseits-Freunde, das er am Montag im Finanzausschuss vorlegte und dem die Stadträte am Ende mit acht zu sechs Stimmen zustimmten, nannte er "den einzig vertretbaren, nachvollziehbaren Vorschlag". Schließlich gewähre man auch Sportvereinen bei anstehenden Investitionen einen Zuschuss und ein zinsloses Darlehen von jeweils zehn Prozent, erklärte er.

Die zusätzlich in Aussicht gestellte Bürgschaft müsse natürlich über das Grundbuch abgesichert werden. Dass der Stadtrat mit dieser erstmaligen Unterstützung eines Kulturvereins auch eine "politische Entscheidung" treffe, verschwieg der Oberbürgermeister nicht: "Damit schaffen wir natürlich einen Präzedenzfall auch für andere Kulturvereine, die Investitionen planen", räumte er ein - und betonte: "Das ist eine rein freiwillige Leistung der Stadt."

© SZ vom 25.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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