Mietmarkt in Freising:Katastrophale Lage

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Robert Zellner, Leiter des Sozialamts, hat schon lange keine guten Nachrichten mehr, wenn er über die Vergabe des städtischen Wohnraums spricht. Die Stadt wird wohl eine weitere Notunterkunft bauen müssen.

Von Kerstin Vogel, Freising

Die katastrophale Lage auf dem Mietwohnungsmarkt hat den Finanzausschuss des Freisinger Stadtrats am Montag gleich in mehrfacher Hinsicht beschäftigt. Erst fasste er den Projektbeschluss für die geplante neue Wohnanlage an der Katharina-Mair-Straße in Lerchenfeld - und dann wurde ihm sozusagen im Nachgang noch einmal die Dringlichkeit dieses Vorhabens vor Augen geführt: Robert Zellner, Leiter des Freisinger Sozialamts, legte den Wohnungsvergabebericht für 2018 vor und verschwieg auch seine Schlussfolgerung aus den Zahlen nicht: "Wir werden nicht umhin kommen, eine weitere Notunterkunft zu bauen."

Zellner hat schon seit Jahren keine guten Nachrichten mehr, wenn er über die Vergabe städtischen Wohnraums spricht. Einmal mehr musste er auch für dieses Jahr noch weiter angestiegene Mieten auf dem freien Wohnungsmarkt melden. Empfänger von Sozialleistungen und generell finanziell schwache Haushalte hätten hier kaum noch eine Chance, Wohnungen zu finden. Die Zahl der Zwangsräumungen sei weiter steigend, so Zellner - und man finde in der Kürze der Zeit kaum noch Ersatzwohnraum für die Betroffenen. Zudem würden immer mehr Menschen aus EU-Ländern in die Region drängen, die weder Arbeit, noch eine Wohnung hätten, schilderte der Sozialamtsleiter ein anderes Problem. Der Familiennachzug anerkannter Asylbewerber belaste den Wohnungsmarkt zusätzlich.

In den öffentlich-geförderten Wohnungen, über welche die Stadt verfügen kann, konnten in den vergangenen zwölf Monaten bei insgesamt 260 Bewerbern gerade einmal zwölf Bewerber vom freien Markt untergebracht werden, wie Zellner weiter berichtete. Im Amt vorgesprochen haben seiner Statistik zufolge sogar 350 Menschen, die von Obdachlosigkeit bedroht oder mit ihrer Wohnungssituation nicht zufrieden sind. Lediglich 14 Parteien konnten aus Notunterkünften in städtische Wohnungen ziehen, trotzdem leben aktuell immer noch 259 Menschen in diesen Behelfseinrichtungen.

Fortgesetzt hat sich auch ein Trend, den Zellner ebenfalls seit Jahren beklagt und der die Mitarbeiter in der Wohnungsvergabestelle mittlerweile erheblich belastet, wie es in dem Wohnungsvergabebericht heißt: Aggressives Auftreten von Wohnungssuchenden sei mittlerweile Alltag, viele Wohnungssuchende seien verzweifelt und fühlten sich benachteiligt.

Entlastung erhofft sich Zellner unter anderem von dem kostengünstigen Wohnraum, den die Stadt Freising an der Katharina-Mair-Straße bauen will. Hier sollen bekanntlich um die 115 verschieden große Wohnungen entstehen, um Platz für Menschen aller Generationen, Studenten, Senioren, Familien, oder anerkannte Asylbewerber zu bieten. Ein entsprechendes Belegungskonzept wird in einer Projektgruppe unter Zellners Ägide bereits erarbeitet, wie es am Montag im Finanzausschuss hieß. Mehr als 25 Millionen Euro nimmt die Stadt für die Umsetzung der neuen Wohnanlage in die Hand, der Mietpreis soll sich nach derzeitigen Berechnungen auf moderate 8,50 Euro pro Quadratmeter belaufen.

Fertig wird die neue Anlage allerdings erst Ende 2020, Anfang 2021, und nicht wenige unken schon jetzt, dass die neuen Wohnungen lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein sein können. Bis sie bezugsfertig sind, können die Mitarbeiter in der Wohnungsvergabestelle der Stadt nur dazu raten, die Wohnungssuche auf Bereiche außerhalb des Stadtgebiets auszudehnen, in denen Wohnraum vielleicht noch etwas bezahlbarer ist. Dass sich die Betroffenen dafür mittlerweile schon ziemlich weit von der Stadt entfernen müssen, ist dem Sozialamt Zellners Bericht zufolge durchaus bewusst und auch, dass "dies dann vielfach mit dem Verlust des Arbeitsplatzes und des sozialen Umfelds verbunden ist".

© SZ vom 05.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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