Martina Weishaupt und Markus Hiller:Einmal um die ganze Welt

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Hermann, Candelaria, Pampa (14), Tehue (11), Paloma (8) und Wallaby Zapp (7) haben in ihrem Oldtimer alles, was sie für ihre Weltreise brauchen. (Foto: Lukas Barth)

Die sechsköpfige Familie Zapp aus Argentinien reist seit 16 Jahren in einem 90 Jahre alten Auto von Kontinent zu Kontinent. Seit einigen Wochen ist sie in Bayern unterwegs und landete so auch in Moosburg

Von Jenny Schößler, Moosburg

"Wenn du deinem Traum folgst und du es liebst, ist es schwer damit aufzuhören." Was das bedeutet, weiß das argentinische Paar Hermann und Candelaria Zapp ganz genau. Im Jahr 2000 starteten sie eine sechsmonatige Reise in einem Oldtimer von Argentinien nach Alaska. Aus den sechs Monaten sind mittlerweile 16 Jahre geworden und aus dem Paar Eltern von vier Kindern. Vor einigen Tagen kam die Familie nach Moosburg in die Rosenbaumschule von Martina Weishaupt und Markus Hiller.

Eigentlich schien für Hermann und Candelaria alles perfekt, als sie Ende der 90er als verheiratetes Ehepaar ein eigenes Haus und zwei feste Jobs in ihrer Heimat hatten. Doch beiden fehlte etwas - das Reisen. Sie waren sich sicher, dass es mit eigenen Kindern schwierig werden würde, durch die Gegend zu bummeln, also entschlossen sie sich, ein halbes Jahr durch ganz Amerika zu reisen, zurück zu kommen und danach mit der Kinderplanung zu beginnen. Kurz vor Antritt des Trips verliebte sich der damals 32 Jahre alte IT-Experte dann in einen Oldtimer, ein "Graham Paige" aus dem Jahr 1928, und überredete seine Frau, die Reise mit dem alten Auto anzutreten. Der blaue Wagen mit original Holzfelgen ist den Zapps bis heute treu geblieben und bringt die sechs-köpfige Familie sicher von Ort zu Ort. Man könnte auch sagen von Kontinent zu Kontinent.

Zu der Rückkehr nach sechs Monaten kam es nie. Die beiden fühlten sich so gut, dass sie mehrere Jahre in Amerika verbrachten und schließlich ihren ersten Sohn, Pampa, in North Carolina bekamen. Während eines kurzen Aufenthalts in der Heimat bekamen sie ihren zweiten Sohn, Tehue, in Argentinien. Darauf folgten Tochter Paloma, geboren in Kanada, und ihr jüngster Sohn Wallaby, der in Australien zu Welt kam. Die Kinder sind mittlerweile zwischen 14 und sieben Jahre alt, sprechen fließend englisch und spanisch und haben alle unterschiedliche Staatsbürgerschaften. Hermanns Vater kommt übrigens aus Deutschland, was Grund für den deutschen Namen des gebürtigen US-Amerikaner ist.

Inzwischen hat die Familie jeden einzelnen Kontinent bereist. Von Südamerika, über Nordamerika, ging es nach Down-Under, wo sie einige Jahre verbrachten. Über viele Inseln in Südostasien, besuchte die Familie weite Teile von Asien, fuhr über Indien wieder Richtung Süden und startete dann eine Tour von Kapstadt nach Ägypten - einmal quer durch ganz Afrika. Über Israel, Jordanien, die Türkei, fuhren sie weiter durch die Balkanstaaten und Österreich, bis sie letztendlich in der Stadt Moosburg landeten. Zuvor waren sie für einige Tage in Mauern bei Familie Blättel stationiert. Durch die Schwester von Helene Blättel, welche die Zapps vor vielen Jahren in Florida kennengelernt hatten, entstand der Kontakt. Zu Martina Weishaupt und Markus Hiller fand die Familie über eine Oldtimer-Show: Die kuriose Familie erregte die Aufmerksamkeit des Paares und sie kamen ins Gespräch. Was folgte, war eine Einladung für einen Aufenthalt in der Rosen- und Gartenbaumschule, in der sie mit viel Gastfreundlichkeit umsorgt werden. "Zu 90 Prozent kommen die Leute, bei denen wir während unserer Reise wohnen, auf uns zu", erzählt der Familienvater. Das ist auch der Grund, warum die Zapps schon seit 16 Jahren unterwegs sind. Das Ehepaar erklärt, dass sie nicht tagelang im Auto sitzen, sondern überall Stopps einlegen und für mehrere Tage bei den verschiedensten Familien unterkommen. Auf die Frage, wo denn ihr Zuhause ist, antwortet Hermann "Überall. Ich fühle mich daheim, egal, wo wir sind. Die Welt ist mein Zuhause." Dieses Gefühl für Offenheit vermitteln die Eltern auch ihren Kindern. Candelaria erzählt, dass diese keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Hautfarben oder Gewohnheiten der Menschen machen, für sie sei es schlichtweg normal. Damit die Bildung der Kinder nicht auf der Strecke bleibt, unterrichten die Eltern ihre Kinder selber mit Unterlagen des argentinischen Bildungssystem. Der 14-jährige Pampa erzählt lachend, dass er einmal in Geografie die Frage nach dem größten Berg der Erde beantworten musste. Weil sie zu dem Zeitpunkt am Himalaja waren, drehte er sich um und meinte "der da" und zeigte dabei auf den Mount Everest. "Durch das Reisen sehen die Kinder, wie die Dinge wirklich funktionieren anstatt nur in Büchern darüber zu lesen", sagt der Familienvater stolz. Diese breite Lebenserfahrung merkt man dem 14-jährigen Sohn auch an, er spricht, als könnte er schon vier Jahre älter sein. Wenn er größer ist, will er zu Greenpeace, sagt er.

Die Reise finanziert sich die Familie durch den Verkauf des selbstgeschriebenen Buches "Spark your Dream" von Hermann und den Zeichnungen seiner Frau. Bis nach Norwegen wollen die Zapps noch fahren. Danach geht es für sie wieder in den Süden nach Spanien, das ihre letzte Station sein soll. 2017 soll es wieder nach Argentinien gehen.

Es ist nicht nur die Mischung aus Kuriositäten wie die fünf verschiedenen Nationalitäten innerhalb der Familie, die Tatsache, dass die Familie seit 16 Jahren durch die Welt bummelt und dass ihr knapp 90 Jahre altes Auto noch immer fährt, das die Familie so besonders macht. Es ist auch die Ausstrahlung der Zapps, die für jeden spürbar ist. Für die Familie gibt es keine Fremden, es gibt nur Freunde, die sie noch nicht getroffen haben. Sie wissen, dass das Leben kurz ist und wollen deshalb jeden Moment auskosten.

© SZ vom 18.06.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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