Löchrige Regelung:Gestörte Nachtruhe

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Zusammen mit anderen forderte der Freisinger Stadtrat Manfred Drobny in Berlin ein neues Fluglärmgesetz. (Foto: privat)

Die Flüge zwischen 22 und sechs Uhr am Flughafen München nehmen kontinuierlich zu. 2017 waren es 661, im ersten Halbjahr 2018 schon 524. Das Wirtschaftsministerium begründet das mit dem steigenden Flugaufkommen, dem Wetter und Problemen bei der Flugsicherung.

Von Alexandra Vettori, Landkreis

Um gleich mit kursierenden Gerüchten aufzuräumen: Der FC Bayern bekommt nicht immer eine Ausnahme vom Nachtflugverbot am Münchner Flughafen, wenn er irgendwo in der Welt ein Abendspiel absolviert hat. "Ein klares Nein", ist die Antwort auf diese Frage aus dem zuständigen Bayerischen Verkehrsministerium. "Das ist wirklich ein Gerücht. Denn es ist mitnichten so, dass hier Sondergenehmigungen am laufenden Band erteilt werden", versichert Pressesprecherin Kathrin Fändrich. Ansonsten aber hat die Anfrage des Grünen-Landtagsabgeordneten Christian Magerl im September ergeben, dass der Eindruck der Flughafenanwohner nicht trügt. Tatsächlich hat sich die Zahl der Ausnahmen und damit der Flüge zwischen 22 und sechs Uhr seit Jahren massiv erhöht - und das kontinuierlich.

Wurden 2013 noch 37 Genehmigungen für Nachtflüge erteilt, waren es 2016 schon 505, im Jahr 2017 bereits 661 und in diesen Jahr bis Ende Juni bereits 524. Zuständig für die Ausnahmegenehmigungen ist das Bayerische Wirtschaftsministerium, genauer gesagt, dessen Referat für Sicherheit im Luftverkehr.

Dass die Zahl der Nachtflüge so eklatant zugenommen hat, begründet das Verkehrsministerium in seiner Antwort auf Magerls Anfrage mit dem gestiegenen Flugaufkommen insgesamt. Laut der mitgelieferten Statistik ist die häufigste Ursache aber das Wetter, in diesem Jahr war es bisher an 41 Prozent der Ausnahmen schuld, etwa bei Gewitter oder Schnee. Als zweithäufigste Ursache, mit 19 Prozent, nennt das Ministerium "Probleme bei der Flugsicherung". Auch diese Zahl hat sich erhöht, von sieben Prozent im Jahr 2013 auf zwölf Prozent in 2017 bis auf besagte 19 Prozent im Jahr 2018. Bei der Flugsicherung am Münchner Flughafen war man auf Nachfrage der Freisinger SZ allerdings einigermaßen überrascht von diesen Zahlen: "Wir können uns nicht erklären, auf welcher Grundlage diese 19 Prozent entstehen", sagte Martin Köppl, Pressesprecher der Münchner Flugsicherung. Man selbst sei dafür sicher nicht verantwortlich. Vielmehr sei die Abwicklung des Flugverkehrs unglaublich komplex. Verspätungen bei Anflügen etwa würden von anderen Kontroll-Instanzen weit außerhalb des Münchner Luftraumes verursacht.

Für die Ausnahmen ist einiger Aufwand nötig. So gibt es bei besagtem Referat für Sicherheit im Luftverkehr eine Rufbereitschaft, die an 365 Tagen von null bis 24 Uhr besetzt ist. Konkret nimmt der Bereitschaftsdiensthabende Mitarbeiter am Abend sein Handy mit heim und ist rund um die Uhr erreichbar. Er entscheidet dann im Einzelfall, ob eine Ausnahmegenehmigung erteilt wird. Diese Regelung gilt seit 2001 und besagt, dass Ausnahmen von den Nachtflugbeschränkungen zugelassen werden, wenn der ein Flug "zur Vermeidung erheblicher Störungen im Luftverkehr oder aus sonstigen Gründen besonderen öffentlichen Interesses erforderlich" ist. Die Anträge werden von den Fluggesellschaften bei der Verkehrsleitung des Flughafens München gestellt. Diese gibt die Anträge telefonisch an die Rufbereitschaft weiter, die teilt ihre Entscheidung wieder der Verkehrsleitung mit und diese benachrichtigt dann den Antragsteller.

Dass die Zahl der Nachtflüge nicht nur in München, sondern bundesweit Höchststand erreicht hat, dagegen protestierte kürzlich auch der Freisinger Stadtrat Manfred Drobny in Vertretung von Oberbürgermeister Eschenbacher und der Fluglärmkommission. Zusammen mit anderen Abgeordneten nahm er an einer Anhörung teil. Aus ganz Deutschland waren Fluglärmgeplagte angereist und mahnten Änderungen am Fluglärmgesetz an. Das neue Gesetz soll aktiven Lärmschutz vor passiven setzen und Ausnahmen von der Nachtflugregelung deutlich restriktiver handhaben.

© SZ vom 29.09.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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