Linker Nachtschwärmer provoziert die Polizei:Hitlergruß oder nicht?

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Ein 28-jähriger Student hat der Polizei den Hitlergruß gezeigt. Der angeklagte "Hans Huber aus Hinterdupfing", wie er sich in der Nacht nannte, spricht stattdessen von bloßem Herumfuchteln.

Von Alexander Kappen, Freising

Er hat schulterlanges Haar, trägt eine Art Grungebart und ein nicht zugeknöpftes, kariertes Hemd. Seine politische Einstellung, sagt der 28-jährige Student, "liegt irgendwo zwischen Hans Söllner und Sahra Wagenknecht". Den Arm zum Hitlergruß zu heben "würde mir im Traum nichteinfallen", versichert er.

Genau deswegen muss er sich an diesem Mittwochvormittag jedoch vor dem Freisinger Amtsgericht verantworten. Dem 28-Jährigen wird vorgeworfen, am 31. Mai dieses Jahres einer vorbeifahrenden Polizeistreife den Hitlergruß gezeigt zu haben. Richterin Karin Mey sieht dies am Ende der Verhandlung als erwiesen an und verurteilt den nicht vorbestraften Angeklagten zu einer Geldstrafe von 600 Euro. Die Staatsanwältin hat nur 450 Euro gefordert.

Der Angeklagte, der sich wegen der Erkrankung seines Anwalts selbst verteidigt, ist sich keiner Schuld bewusst, wie er schon zu Beginn der Verhandlung klar macht. Er sei mit ein paar Freunden auf dem Heimweg von einer Party gegen zwei Uhr an der Vöttinger Straße entlang gegangen, berichtet der Angeklagte: "Wir waren alle angesoffen." Als die Polizeistreife vorbeigefahren sei, habe er "vielleicht den Arm gehoben, gewunken und gesagt: ,Da schau' her, jetzt kommt die Polizei' oder so was." Er habe nämlich "nicht das beste Verhältnis zur Polizei, weil die mich in der Vergangenheit, wenn ich Hilfe gebraucht habe, immer abgewiesen hat", erzählt der Angeklagte der Richterin.

"Definitiv ein Hitlergruß", sagt der Polizist

Die Polizisten hätten in jener Nacht im Mai angehalten und ihn nach den Personalien gefragt. Ausweis hatte er keinen dabei, und seinen Namen wollte er den beiden Beamten nicht verraten. Er habe stattdessen gesagt, er sei "der Hans Huber aus Hinterdupfing", erzählt eine Polizistin der Richterin. Weil der 28-Jährige seinen richtigen Namen nicht nennen wollte, habe man ihn festgenommen und mit zur Inspektion genommen.

Die junge Polizistin, sie war Beifahrerin im Streifenwagen, war nach eigenen Angaben die Erste, die im Vorbeifahren den Hitlergruß gesehen hat. Als sie ihrem Kollegen das erzählte, bog dieser in 50 bis 100 Meter Entfernung ab. Er fuhr langsamer und erkannte bei einem Blick über die Schulter ebenfalls, "dass er immer noch oder schon wieder den Hitlergruß gemacht", sagt der Polizist. Es sei "definitiv ein Hitlergruß gewesen", beteuert er. "Der Arm ist richtig nach oben geschnellt", bestätigt seine Kollegin. Man habe dem Angeklagten den Tatvorwurf mitgeteilt und ihn als Beschuldigten belehrt, "aber der hat das nicht mitbekommen, weil er die ganze Zeit geredet hat". Der Angeklagte behauptet, erst auf der Wache von einem anderen Polizisten über den Vorwurf aufgeklärt worden zu sein. Zwei seiner Freunde, die als Zeugen gehört werden, können nicht viel zur Aufklärung beitragen.

Der Angeklagte sang das Lied "Grün-weißes Taxi"

Der Angeklagte habe das Lied "Grün-weißes Taxi" angestimmt, als der Streifenwagen vorbeifuhr, sagt einer. Von einem Hitlergruß wollen sie nichts gesehen haben. Auch nicht von einem Winken. Der Angeklagte räumt ein, dass beim Herumfuchteln "vielleicht für einen Bruchteileiner Sekunde die Armhaltung so war, dass man es für einen Hitlergruß hätte halten können - aber dann macht jeder Fußball- oder Handballtorwart, wenn er den Ball zur Abwehr hebt, auch einen Hitlergruß". Die Richterin geht "nicht davon aus, das Sie ein Nazi sind", sagt sie in der Urteilsbegründung zum Angeklagten. Gleichwohl sei sie überzeugt, dass er den Hitlergruß gezeigt und sich strafbar gemacht habe: "Sie waren alkoholbedingt enthemmt, haben die Polizei provoziert und eine Dummheit begangen".

© SZ vom 06.10.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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